Die Fische
Als Gotthold in einem kleinen Heller fischen ließ und nunmehr etliche Hechte im Garn zappeln sah, gedachte er bei solcher Lust mit Freuden an Gottes Güte und Segen, die sich im Wasser nicht weniger, als auf trocknem Lande verspüren lassen. Gott hat seine großen Teiche und Heller, das Meer, die See, Ströme und Flüsse, da wimmelts ohne Zahl, beide, große und kleine Thiers. Ps. 104, 25. Wir wundern uns, wenn wir lesen und erfahren, daß die Fische in den Teichen sind gewöhnt worden, daß sie, wenn man mit den Händen geklatscht, mit einem Glöcklein geklungen, oder sie bei Namen gerufen, ans Ufer geschwommen, sich speisen und wol gar greifen lassen. Allein, was ist doch dies gegen die mannigfaltigen Wunder des Höchsten, die er auch an den Fischen beweiset? Er giebt ihnen ein Zeichen, so kommen sie mit Hausen und in unsäglicher Menge, sie gehen hinauf in die Ströme und Flüsse, sie eilen ans Ufer und in die Netze und lassen sich dem Menschen zu Dienst willig fangen. Was ist es für eine große wunderliche Güte, die er jährlich an dem Hering beweist, der zu gewisser Zeit so häufig gefangen wird, daß er in viel tausend Tonnen gepackt, weit und breit verführt und fast die ganze Welt damit gespeiset wird? Wer kann die andern alle zählen, die jährlich, monatlich und täglich kommen und gleichsam sagen: hie sind wir, Mensch, genieß unser und lobe deinen und unsern Schöpfer! Als da sind die Lachse, Schnäbel, die Neunaugen, die Barse, die Aale, die Lampreten, die Quappen, die Hechte, die Gründlinge, die Smerlen, die Forellen, die Brassen, die Aländer, die Welse, die Plötzen, die Barben, die Schleie, die Rothfedern, die Karautschen, die Karpfen, die Krebse, und andere mehr. Wenn nun der milde fromme Gott diese alle in der Tiefe zwingt, daß sie sich fangen lassen und uns zu Tisch kommen, was sagt er anders, als: Mensch, beliebt dir der eine nicht, hie ist ein anderer; genieß ihrer nach aller Lust deiner Seele, nur vergiß meiner nicht und bezahle mir diese mannigfaltige Lust nur mit einem dankbaren Seufzer. Mein Vater! wie wunderreich ist deine Güte, wie unzählbar sind deine Wohlthaten! Den Fischen hast du keine Stimme gegeben, dich zu loben, mir aber hast du einen Verstand verliehen, deine Mildigkeit zu erkennen, ein Gedächtniß, deine Wohlthaten zu behalten, Augen, deine Wunder zu sehen, eine Zunge, deine Süßigkeit in den Geschöpfen zu kosten und dich dafür zu loben, und ein Herz, dich zu lieben. Sei hoch gelobt, sei ewig gepriesen, mein Gott! für alle deine Güte.
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