Die Erbsen
Als in Gottholds Garten junge Erbsen hervor kamen, nahm er wahr, daß, ob sie wohl kaum fingerslang, sie dennoch schon mit zarten Häftlein oder Gäbelein, damit sie sich an den zugesteckten Stock heften und anhängen können, versehen waren, wie man dergleichen auch an den Weinreben bemerken kann. Siehe, sagte er hierauf, die Natur hat dieses Gewächs sehr schwach gemacht, doch ohne Hülfsmittel nicht gelassen, damit es sich durch fremde Kraft erheben und erhalten könnte. Ein schönes Bild der Güte meines Gottes, der unserer Schwachheit mit seiner Kraft zu Hülfe kommt. Ist mein Glaube nach dem guten Willen meines Gottes schwach, so hat er doch durch des H. Geistes Trieb heimliche und unaussprechliche Seufzer, damit er sich an den Baum des Lebens anheftet und wider alle Stürme des Teufels in seiner Schwachheit besteht und aushält. Gott hat kein Kreuz ohne Trost verordnet und über uns beschlossen. Haben wir des Leidens Christi viel, wir werden auch durch Christum reichlich getröstet. 2. Cor. 1, 5. Haben wir viel Krankheit, Widerwärtigkeit, Verfolgung, Gott giebt auch viel Geduld und Erquickung, hat er Noth über uns verhängt, er hat die Hülfsmittel auch schon verordnet und bereitet. Gott sind seine Werke von der Welt her bewußt. Apostelg. 15, 18. Er weiß, woher er Kreuz nehmen soll, uns zu prüfen und zu üben, nicht weniger, woher er Trost und Hülfe schaffen will, uns zu erquicken und zu erfreuen. Unser Gott ist wie eine liebreiche Mutter, die dem kranken Kinde zwar den unbeliebten Arzneibecher zu seiner Gesundheit reicht, doch den Zucker schon bei der Hand hat, damit sie ihm den Mund wieder versüßen will. Er läßt die Seinigen wol aus seinem Schooß, aber niemals aus seiner väterlichen Fürsorge und Aufsicht. Er legt uns wol eine Last auf, aber er hilft uns auch. Ps. 68, 20. Wenn Gott verordnet hat, daß wir sollen angefochten und betrübt werden, so sind auch schon Mittel vorhanden, uns zu stärken und zu rechter Zeit zu erfreuen. Läßt er uns in Armuth gerathen, er weiß schon, wie er uns ernähren will, wie aus dem Exempel des Propheten Elias ist zu ersehen, zu welchem Gott sagte in der Theurung: Ich habe den Raben und einer Wittwe geboten, daß sie dich versorgen. 1. Kön. 17, 4. 9. Hat Gott in seinem heiligen Rath gut befunden, durch tödtlichen Hintritt eines Mannes oder Weibes Wittwe und Waisen zu machen, so hat er auch schon beschlossen, wie er sie, wenn sie ihn fürchten, wunderlich ernähren, versorgen und durchbringen wolle. Hat er beschlossen, daß die Welt seine Gläubigen soll verfolgen und verjagen, er hat ihnen schon eine sichere Zuflucht und ein Zehrgeld auf den Weg versehen, wie an seinem liebsten Sohn selbst wahrzunehmen, über welchen die Flucht in Aegypten verhängt war; doch mußten die Weisen aus Morgenland zuvor kommen und den Zehrpfennig mitbringen. Matth. 2, 11. 13. So walts denn nun, mein gnädiger Gott! ich wills hierauf getrost wagen. Kein Kreuz ohne Trost; kein Leid ohne Liebe; keine Noth ohne Gott. So gieb nur her, mein Vater! den bittern Kreuzbecher, ich will gerne trinken, wenn mir schon die Augen dabei übergehen. Ich weiß gewiß, daß dein süßer Trost bald folgen und deine Hülfe nicht weit sein wird.
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