Die Boten des Todes

Dieses Grimmsche Märchen erzählt, der Tod habe eines Tages mit einem Menschen einen Vertrag abgeschlossen, in welchem er sich verpflichtete, diesen vor seiner letzten Stunde zu warnen, damit er Zeit habe, sich aufs Sterben vorzubereiten. - Jahre verflossen. Plötzlich stand der Tod da und hieß den Menschen ihm folgen. "Aber du hast mich ja nicht gewarnt!" rief der Sterbende in Verzweiflung. "Nicht gewarnt?" rief der unerbittliche Bote. "Jeden Tag habe ich dich gewarnt. Sind nicht deine Augen allmählich trüber geworden? Haben sich nicht deine Ohren geschlossen? Sind nicht deine Haare gebleicht, deine Schritte unsicher geworden, deine Kräfte entschwunden? Und du sagst, ich habe dich nicht gewarnt? Wie oft habe ich dir überdies in der Stadt die Leichenzüge begegnen lassen? Täglich habe ich dir in der Zeitung eine Reihe von Sterbefällen gezeigt; mehr als die Hälfte von ihnen waren Leute, die in der Blüte des Lebens hingerafft wurden. Ich bin in deine Familie eingekehrt Und du sagst, ich habe dich nicht gewarnt! Und nun, bereit oder nicht, komm und folge mir!"

Quelle: Er ist unser Leben: Beispiel- und Stoffsammlung für die Verkündigung, Martin Haug, 1941, Beispiel 2112
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