Die blühenden Bohnen
Es ist bekannt, wenn die Bohnen in der Blüthe stehen, daß sie gar einen süßen und lieblichen Geruch von sich geben, welchen auch einem die Luft oft von weitem entgegen führt. Als nun Gotthold diesen auch empfand, erinnerte er sich, gelesen zu haben, daß die Inseln Ceilon, Madagaskar und andere wegen der Menge des Zimmts und anderes Gewürzes, so darinnen wachst, einen starken und anmuthigen Geruch von sich geben sollen, also, daß man Ceilon oft eher riechen, als sehen kann. Hierüber erfreute er sich herzlich und sagte: Mein Gott! können die irdischen Früchte mir solche Anmuthigkeit machen, was hab ich von den himmlischen zu erwarten? Ach, wie manches liebliche Lüftlein empfinden deine Gläubigen, welches ihnen der himmlische Pfingstwind, dein werther Geist, aus dem Lande der Lebendigen zuführt, darinnen sie einen Vorschmack und die Probe der Seligkeit haben! Und wenn dies nicht wäre, wie wollten sie in so viel Trübsal aushalten? So oft ich an deines Propheten Worte gedenke, der da spricht: Wie groß ist deine Güte, Gott, die du verborgen hast denen, die dich fürchten! Ps. 31, 20., dünkt mir, ich habe dich als einen Vater bilden wollen, der seine Kinder zwar unter der Ruthe und Zucht hält, indessen doch mit aller seiner Arbeit und Sorge nichts so sehr sucht, als ihnen einen Vorrath zu sammeln, dessen sie sich, wenn sie erwachsen und ihn zu gebrauchen verständig genug geworden sind, mögen zu erfreuen haben. Mein Vater! du verbirgst vor uns, deinen Kindern, deine große Güte in dieser Welt, als ginge sie uns nichts an; zuweilen erblicken wir etwas davon, welches aber unser Verlangen zu vermehren und nicht zu stillen dient; doch, weil wir deine Kinder sind, sind wir versichert, daß dein himmlischer Schatz niemand, als uns könne zu Theil werden. Darum will ich meinestheils mich gerne gedulden und sorgen, wie ich mich als ein gehorsames und frommes Kind gegen dich bezeige; du magst sorgen, wie du als ein liebreicher, milder Vater mir einen Schatz im Himmel beilegest! Laß mich nur zuweilen ein Lüftlein, mein betrübtes Herz zu erquicken, aus dem himmlischen und gelobten Lande anwehen, so will ich des völligen Genusses desto stiller warten. Wie lieblich sind deine Wohnungen, Herr Zebaoth! Meine Seele verlangt und sehnt sich nach den Vorhöfen des Herrn, mein Leib und Seele freuen sich in dem lebendigen Gott. Ps. 84, 2. 3. Wann werd ich dahin kommen, daß ich Gottes Angesicht schaue? Ps. 42, 3.
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