Der zoologische Garten in mir

Ein Pastor erzählt: Kürzlich saß ich in einem sehr vornehmen Hause. Getäfelte Decke, Perserteppiche, tiefe Klubsessel, ein geladener Kreis von Männern und Frauen. Dabei kam das Gespräch auf das vielbelächelte Thema "Sünde". Natürlich lächelte man auch hier. Aber dann sagte ein Mann aus der Ölwirtschaft: "Ja, mit Sünde dürfen Sie dem modernen Menschen nicht mehr kommen. Aber ich will Ihnen etwas sagen. Wenn ich schon keine Sünde hätte, so habe ich doch tief in mir einen ganzen zoologischen Garten: Einen Löwen, der meine Frau anbrüllt; eine Schlange, die ihr Gift verspritzt; einen Aal, der sich geschickt überall hindurchwindet auf Kosten der Wahrheit; und einen Igel, wenn der hochkommt, dann gibt es Stacheln und Wunden nach allen Seiten. O nein, keine Sünde, nur ein ganzer zoologischer Garten. Ich muss bekennen, diesen Widersachern in mir wurde ich nicht Meister. Kaum waren sie da, hatten sie auch schon alles verwüstet. Aber seit ich Jesus kenne, ist es anders. Sie kommen jetzt viel seltener. Sie wittern und fürchten ihren Bezwinger. Vor ihm müssen sie wieder verschwinden."
Jetzt lachte keiner mehr, und ich konnte darüber nicht einmal triumphieren.

Quelle: Hört ein Gleichnis, Heinz Schäfer, Beispiel 151
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