Der Widerhall
In demselben Gehölze verspürte Gotthold einen artigen Widerhall, der ihm seinen Morgengesang wollte gleichsam verdoppeln und zu Gott aufschicken helfen; er vergaß schier darüber der innerlichen Andacht, die des Gebets Seele und Leben ist, und hatte seine Lust an seiner also verzwiefachten Stimme. Aber bald erinnerte er sich, daß der Widerhall keineswegs von Gott erschaffen, ihn von schuldiger Gebetsandacht abzuführen, sondern vielmehr ihn zu gottseligen Gedanken zu veranlassen. Ich habe hierin, sprach er, mein Gott! eine Abbildung deiner Güte, die meinem gläubigen Gebet recht herzempfindlich entgegen schallt und antwortet. Sag ich: Mein Gott! so antwortest du: Dein Gott! Sag ich: Ich lobe dich! sprichst du: Ich liebe dich! Sag ich: Ich fleh zu dir! sprichst du: Ich helfe dir! Sag ich: Ich heule, sprichst du: Ich heile! Zudem lehrt mich auch der Widerhall, daß ich niemals, auch in der Einöde nicht, allein bin, sondern deine göttliche Aufsicht geleitet mich! Du siehest meine Gedanken von ferne; ich gehe oder liege, so bist du um mich und stehest alle meine Wege; es ist kein Wort auf meiner Zunge, das du, Herr, nicht alles wissest. Ps. 139, 2. 3. 4. Darum gieb, mein Gott! daß ich stets vor dir, (als vor deinem Angesichte, deiner göttlichen Allgegenwärtigkeit und Allwissenheit nimmer vergessend) wandle und fromm sei. 1. Mos. 17, 1.
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