Der vergessene Name
In dem Buch "Briefe aus der Hölle" hat sich einer ausgemalt, wie die Hölle wohl aussehen könnte:
Der Wanderer geht über eine endlose, graue Steppe. Überall sieht er Menschen sitzen. Sie haben gequälte Gesichter, sie raufen sich die Haare, sie sitzen und stützen den Kopf schwer in die Hand, sie scheinen ratlos zu sein. Es ist so, als ob sie mit schärfster Konzentration über irgendetwas nachdenken. Die Leute können einem Leid tun.
"Worüber denkt ihr nach?", fragt der Wanderer sie.
"Über einen Namen."
"Über einen Namen - über welchen Namen denn?"
"Ja, das wissen wir eben nicht. Das ist ja gerade unser Unglück."
"Wie, das wisst ihr nicht? Ihr denkt über einen Namen nach, den ihr nicht kennt? Das verstehe ich aber wirklich nicht."
"Ja", sagen die Verdammten, "wir wissen nur so dunkel, dass es einen Namen gibt, einen starken und herrlichen Namen. Wenn wir diesen anrufen könnten, dann könnten wir sogar hier aus der Hölle errettet werden. Bei Lebzeiten haben wir einmal diesen Namen gehört. Aber wir haben nicht darauf geachtet. Und nun - können wir ihn eben nicht mehr finden. Kannst du uns nicht den Namen sagen?"
Dann hängen sich die Verdammten an den Wanderer, flehen und bitten, betteln und winseln, ob er ihnen nicht den Namen nennen könnte.
Das Erschütterndste aber kommt dann erst:
Der Wanderer nennt ihnen nun den Namen, den einen, großen, herrlichen Namen, den Namen Jesus. Aber so deutlich er auch den Namen ihnen sagen mag, es ist, als könnten sie ihn nicht verstehen. Schließlich ruft er ihn so laut, dass es wie das Heulen eines Orkans ist, er schreit ihn in alle Winde, er meint, es müsste ihnen in den Ohren dröhnen - aber es ist, als sei ihr Ohr verstopft. Sie können den Namen nicht hören. Sie haben kein Organ mehr, ihn zu vernehmen. Da wendet er sich traurig von ihnen. Wie schrecklich ist das: Der Name ist da, aber sie können ihn nicht mehr finden. Und ob man den Namen ihnen auch sagt, sie können ihn nicht fassen. -
Das wird die schrecklichste Hölle sein, dass man den Namen nicht mehr wissen darf, durch den wir Rettung und Seligkeit erlangen. Gott helfe uns, dass wir diesen Namen ernst nehmen, lieb gewinnen und anrufen, solange es noch Zeit ist.
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