Der unglückhafte Spieler
Es hatte ein hitziger Mensch mit andern zu spielen sich belieben lassen, dabei aber erfahren müssen, daß einer das meiste Geld hat, wenn er anfäht zu spielen, maßen er denn eine ziemliche Summe eingebüßt. Als er nun gern sein Müthlein gekühlt hätte, mußten endlich die Karten das Gelag bezahlen, welche er im Eifer zerriß, zerschnitt, zerhackte und mit Füßen trat. Dieses sah Gotthold und konnte sich des Lachens kaum enthalten, bei sich selbst denkend: so gehts allezeit zu, daß wir Menschen in unsern Missethaten nicht gerne wollen Schuld haben, sondern dieselbe auf andere legen. Dieser thörichte und unzeitige Eifer zeigt an, daß diesem Menschen sein Gewissen sagt, er habe etwas Strafwürdiges begangen, und so das leblose Werkzeug, welches doch solchem eiteln Dienst wider seinen Willen unterworfen ist, einen solchen Ernst verdient, was wird denn der Urheber selbst zu erwarten haben? Und wenn wir ja wider die Werkzeuge, deren wir uns zur Sünde bedienen, so eifrig sein wollen, so müssen wir, wie jener weise Heide gethan, das Geld ins Meer werfen, die Gläser und andere Trinkgeschirre zerbrechen, den Wein und das Bier verschütten, den besten Freunden absagen, die Bücher zerreißen, die seidene Waare in den Koth treten, als die sämmtlich, jedes auf seine Art, zur Sünde Anlaß geben. Mein Gott! lehre mich, daß der Fehler nicht außer, sondern in mir ist; deine Geschöpfe und was Menschenwitz durch dein Getrieb und Zulassung erfunden, ist gut oder ja gewiß nicht böse, wenn wir es nur recht gebrauchten; unsere verderbte Natur aber verdirbt durch Mißbrauch, was sonst nicht böse ist, darum soll mein Eifer und Ernst wider mich selbst gerichtet sein.
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