Der ungerechte Mammon

Erst war's einmal so: Jeder war sein "Mädchen für alles": am Tage baute er Feld, am Abend flickte er Schuhe und zimmerte sein Haus- und Arbeitsgerät. Dann konnte es einer besonders gut, der schusterte für die ganze Siedlung. Hier, du brauchst ein paar Schuhe, sieh, wie fein ich sie dir aus deiner Kuhhaut gegerbt habe! Und geschustert, wasserdicht! Nun bitte ich dich, gib mir dafür von deinen Frühbirnen einen Korb für meine Kinderlein, und wenn die Kuh kalbt, sorgst du auch für mich.
So führte die Arbeit die Menschen zusammen, jeder gab dem andern, Dienst um Dienst, Hilfe um Hilfe, und immer ein Stück Menschentum mit! Dann kam ein Schlauer, der münzte Metall: Hier, nicht mehr Stück um Stück, sondern alles bar..., welch feine Sache: Ein Beutel Feld, das du dir erworben hast, und du kannst in der Stadt alles kaufen,was du brauchst, du brauchst gar nicht "Dankeschön!" zu sagen, du bist ein Herr mit dem Geld, ein Herr, der ruft, und man dient ihm! Und wenn man dir nicht dient, hältst du dein Geld zurück, dann kommen sie schon zu dir, du hast sie in der Hand mit dem kalten Metall! Und woher das Metall? Erworben? Ja, aber verdient ist noch mehr, als nur erworben, vielleicht geerbt, vielleicht gefunden... einerlei, du bist Herr!... Einerlei, und darum ungerecht! Du greifst in das Schicksal deines Bruders hinein, ohne innerlich dabei zu sein! O ungerechter Mammon! Immer ungerecht, auch wenn wir dich tausendmal verdient haben, denn du bist eine herzlose Gewalt über Menschen, du verlangst Menschenblut und gibst nur ... Recht, herzloses Recht über andere Brüder dafür!
Aus: "Pflugschar und Meißel". 

Quelle: Er ist unser Leben: Beispiel- und Stoffsammlung für die Verkündigung, Martin Haug, 1941, Beispiel 1022
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