Der Tanz

Als Gotthold auf einer Hochzeit tanzen sah, sprach er: Ein weiser Mann hat wohl gesagt, das Tanzen wäre eine vergönnte und ehrbare Thorheit; König Alphons aber ist noch weiter gegangen, wenn er geurtheilt, es wäre zwischen einem Tänzer und einem Narren kein Unterschied, als daß der eine alle seine Lebtage narrt, der andere, so lang er tanzt. Ich habe oft von alten ehrbaren Leuten gehört, man sollte die Ohren zuhalten und mit den Augen allein vom Tanz urtheilen, so werde man dessen Eitelkeit am besten erkennen können. Nun muß man zwar den Tanz jungen Leuten als eine ergötzliche Uebung guter Sitten und Höflichkeit gönnen, dennoch aber sie allezeit daran erinnern, daß sie auch bei solcher Lust der heiligen Furcht Gottes und gebührender Ehrbarkeit nicht vergessen. Denn wo man ein wüstes wildes Wesen im Tanz spüren läßt, da tanzt oft der Teufel, Tod und allerlei Unglück mit. Alexander der Dritte, König in Schottland, hielt zum andern oder (wie andere schreiben,) zum dritten Mal Hochzeit; als er nun mit der Braut nebst vielen andern vornehmen und adeligen Personen tanzte, hat man den Tod, wie er sonst gemalt wird, hinter ihm sehen hertanzen, darauf denn noch im selben Jahr der König ums Leben gekommen. Im Jahr Christi 1352 hat Johann von Miltitz, Bischof zu Naumburg, am Tage Johannis des Evangelisten etliche vom Adel, Frauen und Jungfrauen, zu Gaste geladen, Mit denselben getanzt und allerlei Leichtfertigkeit geübt; darauf er plötzlich zwischen zweien Weibern, die er zugleich an der Hand gehabt, umgefallen und Todes verfahren. Wie auch ein Prediger, der wider die leichtfertigen Tänze gar eifrig geschrieben, bezeugt, daß ers an vielen Orten erfahren, daß die Dirnen und Jungfrauen am Tanz jahlings nieder gefallen und gestorben. Im Jahr 1376 hat Ludwig, ein geborner Landgraf in Thüringen und Erzbischof zu Magdeburg, mit etlichen Grafen und Junkern vom Adel zu Kalbe an der Saale Fastnacht gehalten, getanzt und gesprungen; als nun die Diener von den Fackeln etliche Funken auf der Stiege, die zum Saal ging, fallen gelassen, und sich daher ein Feuer eräuget, ist jedermann mit großem Gedränge und auch der Erzbischof vom Tanz der Treppe zugeeilt; als dieselbe von der Menge übrig beschwert ward, fiel sie ein, und wurden drei Personen, sonderlich aber der Erzbischof dermaßen beschädigt, daß er den andern Tag sterben mußte. Darum wollte ich wünschen, daß man in den Tanzhäusern an den Wänden umher den Todestanz malen möchte, damit die Tänzer erinnert würden, sich also zu bezeigen, daß sie dem gerechten Gott zu plötzlichem Zorn nicht Ursach geben. Mein Gott! jener Alivater weinte, als er ein wohlgeschmücktes, doch unzüchtiges Weib sah, beklagend mit Thränen, daß er niemals seine Seele mit Glauben und Gottseligkeit zu schmücken so emsig gewesen, als dieses Weib der Welt zu gefallen gethan. Ich möchte auch fast weinen, daß ich niemals so fleißig gewesen, meinen Wandel, meine Schritte und Tritte nach deinem Gebot und Willen einzurichten, als die Tänzer sich bemühen, ihre Füße nach dem Takt zu zwingen! Sind wir nicht alberne Menschen? Die Eitelkeit achten wir großer Mühe werth, was aber die Ewigkeit angeht, da gedenken wir selten und nicht gerne an. Weg mit der Thorheit! Ich habe so viel mit dem Tode zu thun, daß ich des Tanzens wol vergesse

Quelle: Christian Scriver - Gottholds zufällige Andachten
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