Der Schweiß
Gotthold sah einen Taglohner arbeiten, daß ihm nicht allein die Schweißtropfen über das Gesicht liefen, sondern auch das Hemde pfützennaß machten; dabei gedachte er und sagte: Der saure Schweiß, der uns bei schwerer Arbeit über die Nase läuft, ist eine Strafe der Sünde, 1. Mos. 3, 19., und dennoch ist Gott so gütig, daß auch seine Strafe uns muß zum Besten dienen, maßen denn der Schweiß für viele Krankheit gut ist und viel böse, giftige Dünste aus dem sterblichen Leibe abführt. So geht es auch mit der Arbeit zu, welche den Schweiß verursacht; wenn der Mensch sich selbst gelassen nach seinem Fall sollte ein Junker sein und nicht arbeiten dürfte, würde das seine Arbeit sein, daß er spornstreichs der Hölle in den Rachen rennen würde. Denn es ist unmöglich, daß ein müßiger Mensch nicht sollte Böses thun, weil Nichtsthun die Schule ist, darin man Böses thun lehrt und lernt. Ein arbeitsamer Mensch aber, der in den Werken seines Berufs geschäftig ist, hat nicht Zeit, des Teufels Einraunen zu beobachten. Es meint oft der Mensch, er habe umsonst und nur für andere gearbeitet, weil er die Frucht seiner Mühe andern zu brechen und zu genießen lassen muß; allein, wenn man’s recht bedenkt, ist keine Arbeit umsonst und dir nicht zuträglich. Zum wenigsten hast du das davon, daß du das Böse zu thun vermieden und dich wohl gefaßt gemacht, Rechnung zu thun, wenn, wie du deine Zeit angewandt, wird gefragt werden. Mein Gott! du wirkest bisher, und dein lieber Sohn auch, Joh. 5, 17., du hast allen Kreaturen ihre stetige Arbeit gegeben, sollt ich denn allein mein Brod in sündlichem Müßiggang essen? Ich will nicht müßig sein, wenn ich schon müßig bin; ich will arbeiten, als wollte ich ewig leben, doch auch fromm sein und beten, als wollte ich noch heute sterben.
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