Der Schatz unter dem Stein
Ein Fürst dachte einst, er wollte seinen Untertanen eine gute Lehre geben. Er nahm einen großen Stein, wälzte ihn auf die Mitte der Landstraße und ließ ihn liegen.
Nicht lange hernach kam ein Mann mit einem Gespann Ochsen und sagte: "Das ist denn doch eine schöne Sache, solch einen Stein mitten in den Weg zu legen, ich möchte nur wissen, wer das getan hat?" Er ließ seine Ochsen herumgehen und der Stein blieb liegen. Dann kam ein Reisender und sagte: "Ich habe sehr viele Dinge in meinem Leben gesehen, aber der Mann, der solch einen Stein auf den Weg gerollt hat, sollte gezwungen werden, hierher zu kommen und ihn wieder zurückzurollen, das ist meine Ansicht von der Sache." Sodann kam ein Soldat des Weges, er sang fröhlich sein Lied, und sein Schwert glitzerte an seiner Seite. Seinen Kopf trug er indessen so hoch, dass er den Stein nicht bemerkte, folglich stieß er sich daran und fiel über sein Schwert. Er dachte wahrscheinlich, man solle es dem Feldwebel seines Regiments melden, jedenfalls ging er weiter. Noch andere kamen, die murrten und dann weitergingen, und so lag nun der Stein einige Wochen lang.
Darauf schickte der Fürst eine Einladung an alle seine Untertanen, mit ihm auf der Landstraße zusammen zu kommen, und sie taten es. Nun wandte er sich an sie mit folgenden Worten: "Als ich den Stein mitten auf den Weg legte, hatte ich eine Absicht dabei. Ich habe euer Klagen und Murren gehört, aber es hat sich niemand die Mühe gegeben, ihn aus dem Weg zu schaffen. Jetzt will ich es selbst tun." So geschah es, und siehe da, unter dem Stein lag ein kleiner Beutel, ganz gefüllt mit goldenen Ringen und Edelsteinen. Auf dem Beutel aber stand: "Für den, welcher den Stein hinwegschafft."
"Räumet den Weg! Hebet die Anstöße aus dem Wege Meines Volks!", spricht der Herr. Wenn wir irgendwo Hindernisse oder Schwierigkeiten sehen, so will Er, dass wir sie aus dem Weg räumen. Uns darüber ärgern und schelten und jammern, das nützt gar nichts; frisch und fröhlich zugreifen und die Steine wegschaffen, das ist's, was der Herr von uns will, besonders wenn die Steine im Wege unserer Mitmenschen liegen. Und gib Acht, du wirst öfter als du denkst unter dem weggeräumten Stein einen Edelstem finden, nämlich irgendeine große, große Freude; denn jeder Gehorsam gegen Gott bringt einen Segen.
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