Der rechte Mann fürs Steintal

Als Pfarrer Stuber einen Nachfolger für seine arme Gemeinde im Steintal suchte (1766), wurde er in Straßburg an den Kandidaten Fritz Oberlin gewiesen. Er fand diesen in einem Dachstübchen an heftigem Zahnweh im Bette liegend, das papierene Vorhänge hatte. Über der Lampe hing ein eisernes Pfännchen. "Was ist das?" Fragte Stuber. "Es ist meine Küche", antwortete Oberlin. "Denn wenn ich zu Mittag bei meinen Eltern esse, nehme ich mir da ein Stück Brot mit, lege es abends um 8 Uhr in das Pfännchen, gieße Pfarrer  mit etwas Salz darüber und stelle die Lampe darunter, bei deren Schein ich studiere. Mahnt mich dann um 10 oder 11 Uhr der Hunger, so ist meine Mahlzeit bereit, die mir besser bekommt als Leckereien." 
"Sie sind mein Mann, ganz zum Pfarrer des armen Steintals gemacht!" rief darauf Stuber aus, und er hatte sich nicht getäuscht. Zeitlebens behielt auch Oberlin seine Einfachheit bei. Als einmal einer seiner Gäste, ein pariser Knabe, äußerte: "Da lebt doch unser Pfarrer daheim ganz anders!" fragte ihn Oberlin: "Nun, wieviel Röcke zieht denn der an?" "Einen." "so mache ich es gerade auch. Und wieviel isst er denn?" "Bis er genug hat." "Nun, so halte ich es auch", sagte darauf Oberlin.

Quelle: Er ist unser Leben: Beispiel- und Stoffsammlung für die Verkündigung, Martin Haug, 1941, Beispiel 650
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