Der Patenpfennig
Es ward von einer gottseligen Matrone bei Gelegenheit ein Goldstück mit einem Ring vorgezeigt, welches sie ihr Heiligthum hieß, weil es ihr Pathenpfennig war, von einem ihrer Gevattern mit einer nachdenklichen Schrift bei ihrer Taufe geschenkt. Gotthold sagte: Ich habe dergleichen von andern gottseligen Herzen gefunden. Ein frommer Mann zu Eisenach hat seinen Pathenpfennig, der diesem gleich, bis in sein Alter verwahrt und stets zur Erinnerung seiner h. Taufe am Halse getragen; als er auch in Sterbensnoth gerathen, hat er zu dem Prediger, so um ihn war, gesagt, er wollte, wenn er nicht mehr reden könnte, auf diesen Pfennig weisen, anzudeuten, daß er sich seines Herrn Jesu, der ihn in der Taufe mit seinem Blut gewaschen und mit seiner Gerechtigkeit und Unschuld angethan, noch erinnere. Ach, wenn doch alle Christen dergleichen thäten! Es ist gewiß eine von den Ursachen des heutigen, allenthalben einreißenden gottlosen Wesens, daß des Taufbundes so gar vergessen wird. Die Eltern größtentheils wenden so viel auf das Taufmahl und die Bewirthung der Gevattern, daß der Pathenpfennig sofort verzehrt und hernach das Kind der Taufe niemals erinnert wird. Die Taufe ist der erste Eintritt zum Reich Gottes, bei dem Taufbrunnen giebt der Herr Jesus uns den ersten Kuß seiner Liebe, wie Jakob seiner Rahel. 1. Mos. 29, 11. Der Tauftag ist eines Christen rechter Geburtstag. Die alten Lehr« der Kirche haben der lieben Taufe die herrlichsten Namen gegeben, sie nennen sie das Heiligthum der Wiedergeburt, die Mutter der Kindschaft Gottes, das Kleid des Lichts, das unzerbrechliche Siegel, den Wagen des Himmels, die Freiwerberin des Reichs Gottes. Luther ist diesen gefolgt und hat aus reichem Geiste von der h. Taufe gar herrlich und tröstlich geredet: „Sie ist“, spricht er, „ein Wasser der göttlichen Majestät selbst, der seinen Namen darin gesteckt und geflochten hat, daß es mit demselben durchmengt ist, und mag wol ein durchgöttert Wasser heißen. Das Blut Christi wird kräftiglich in die Wassertaufe gemengt, daß man sie nun also nicht soll ansehen, noch halten für schlecht lauter Wasser, sondern als schön gefärbt und durchröthet mit dem theuren rosinfarben Blut des lieben Heilandes Christi, daß es nicht heiße ein gemeines Wasserbad, sondern eine heilsame Bluttaufe oder Blutbad, welches allein Christus, Gottes Sohn, selbst durch seinen eignen Tod zugerichtet hat. An der Taufe hat ein Christ sein Leben lang genug zu lernen und zu üben, denn er hat immerdar zu schaffen, daß er festiglich glaube, was sie zusagt und bringt, Ueberwindung des Teufels und des Todes, Vergebung der Sünde, Gottes Gnade, den ganzen Christum und den H. Geist mit seinen Gaben.“ Von Ludwig, König in Frankreich, mit dem Zunamen der Heilige, wird berichtet, daß er seine sonderliche Freude an dem Ort gehabt, wo er getauft worden, so daß er nicht allein öfters dahin gezogen, sich seiner Taufe zu erinnern, sondern auch oft gesagt, es wäre allhier ihm größere Ehre widerfahren, als zu S. Denis, wo er gekrönt worden; ja er hat sich in seinen Sendschreiben zu unterschreiben gepflegt: Ludwig von Poissy (so hieß seine Taufstadt). Ich habe auch von einem edlen Jüngling gefunden, daß er seinen Tauftag in seinem Kalender sonderlich gezeichnet und denselben als eines von den höchsten Festen des Jahres feierlich gehalten. Die alten und ersten Christen pflegten jährlich am Tage der Taufe Christi sich ihres Taufbundes tröstlich zu erinnern und denselben mit herzlicher Andacht zu erneuern. Lasset uns in ihre Fußstapfen treten und unsere Taufe öfters im Geist und Glauben betrachten, so werden wir befinden, daß wir daran im Leben und Sterben eine Trostquelle und Heilbrunnen haben, der nimmer versiegt. Herr Jesu! ich freue mich meiner Taufe mehr, als einer kaiserlichen Krone. Was hilfts, wenn ich ein Kaiser geboren und zum Himmel nicht wieder geboren wäre? Laß die Welt haben, was sie will, wenn ich meinen Taufschatz behalte, so bin ich wohl zufrieden.
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