Der Fuß in der Kette

Auf der Nordseeinsel Borkum liegt ein transatlantisches Kabel, das mit schweren, starken Ketten verankert ist. Wenn die Ebbe kommt, wenn das Meer zurückweicht, liegen die Ketten unbedeckt auf dem Strande.
An einem Sonntagnachmittag spielen drei junge Männer dort auf dem Sandstrand, versuchen, die schweren Ketten zu heben, indem sie ihre Füße in die Kettenglieder stecken.
Wer kann die Kette am höchsten heben? Das ist die Kraftprobe, um die es geht.
Plötzlich bleibt der Fuß des einen in einem Glied der Kette stecken. Die anderen lachen und scherzen: "Nun bist du gefangen, nun musst du ertrinken."
Gemeinsam versuchen sie, den Freund zu befreien. Aber weder der Stiefel ist aus der Kette zu lösen, noch lässt sich der Fuß aus dem Schuh herausziehen. Von ferne kommt ein unheimliches Brausen. Immer näher tönt es in den Ohren der Jungen. Die Flut kommt!
In Todesangst arbeiten und ziehen sie. Aber umsonst! Der Fuß bleibt in der Kette. Die Wogen kommen näher. Die beiden müssen weichen, um sich selber zu retten. Über dem Einsamen in der Kette schlägt die Flut zusammen. Aus dem Spiel ist bitterer Ernst geworden.
Ein Leben an der Kette ging zugrunde, und von diesem furchtbaren Geschehen reden die Insulaner noch heute.
Und doch hängen wir alle an der Kette, die uns nicht frei gibt: An der Schuld. Die Sünde schlägt über einem Menschen zusammen wie die Flut über dem Jungen in unserer Geschichte. Aber es gibt ein Wort in der Bibel, das uns helfen kann: Wen der Sohn frei macht, der ist recht frei.

Quelle: Hört ein Gleichnis, Heinz Schäfer, Beispiel 173
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