Der Blumenhandel
Es hatte ein vornehmer Mann aus Holland etliche viele Tulpenzwiebeln lassen bringen und, wie einer, der es erzählte, meinte, viel Geld dafür gegeben. Gotthold sagte: Gewiß doch so viel nicht, als man etwa vor fünf und dreißig Jahren dafür ausgezahlt, da ein Garten in Niederland mit seinen Blumen auf siebenzigtausend holländische Gulden geschätzt worden. Damit ihr aber hievon etwas eigentlicher Nachricht haben mögt, so leset, was in diesem Büchlein hievon zu finden, (es war die verschmähte Eitelkeit und verlangte Ewigkeit von Risten) in der 20. Betrachtung nämlich, daß man im Jahr 1636 für das Geld, womit man eine einzige Tulpenpflanze oder Zwiebelbolle, wie die Blumenliebhaber sonst reden, bezahlte, nämlich 3000 Gulden, unterschiedliche hochnöthige Waaren hat einkaufen können, nämlich für eine einzige Blume, die nicht vier Wochen in ihrer Blüthe steht, vier Last Roggen, zwei Last Weizen, vier fette Ochsen, acht starke Schweine, zwölf fette Schafe, zwei Tonnen Butter, tausend Pfund Käse, zwei Oxhofte Franzwein, vier Tonnen des besten Biers, ein Bett mit aller Zugehör, ein gut Paar Kleider und ein fein silbern Trinkgeschirr, welches alles (jedoch die Fracht oder Fuhr zu Wasser mit hinzu gerechnet,) sich netto auf 3000 Gulden beläuft, gestalt solches dazumal durch öffentlichen Druck der ganzen Welt, über eine solche unerhörte Eitelkeit zu urtheilen, nicht unbillig ist vorgestellt worden. Gehet nun hin und beschwert euch über mich, wenn ich pflege zu sagen, die Welt sei eine Närrin in ihrer größten Klugheit. Ich halte nicht, daß sie eine größere Thorheit begehen könne, als sie diesmal gethan hat. Es scheint auch, daß der gerechte und heilige Gott zuweilen solch Ding verhängt und der Welt auf eine Zeit einen Schwindel und Schlafgeist giebt, ob sie, wenn sie wieder nüchtern wird und sich besinnt, wollte erkennen, daß all ihr Thun mit Eitelkeit und Narrheit versiegelt ist, und demnach sich um die rechte und göttliche Weisheit und unvergänglichen Güter bekümmern. Lasset uns aber nicht meinen, daß diese Thorheit jetzt aufgehört hat; zwar auf Blumen wendet man jetzt so viel nicht, doch kann nicht geleugnet werden, daß andere Dinge, die nicht weniger, als die Blumen, der Eitelkeit unterworfen sind, noch theuer genug bezahlt werden. Man bedenke, was auf den vornehmsten Messen das meiste Geld bringt, nämlich Edelsteine, Perlen, Ketten, Ringe, Sammt, Seide, neue Arten von Zeug, Knöpfe, Bänder, Schildereien, u. dgl., davon das wenigste zur Nothdurft, das mehrste aber zur eiteln Pracht und Phantasti gehört, und dieses erhellt am meisten daraus, daß, was man vor 2, 3 Jahren als eine nette wohlanständige Tracht und zierliches Zeug beliebt hat, das wird jetzt als närrisch verachtet, und was man jetzt hoch hält, das wird über ein paar Jahre wieder verachtet sein. So ist nun die Welt in ihrem Alter kindisch geworden und weiß die alte Närrin nicht mehr, was sie thut; sie weiß eben so wenig, als die Kinder, wenn sie zu Markt kommen, ihr Geld anzulegen, so daß, wenn jetzt Demokritus, der schon zu seiner Zeit der Welt Eitelkeit mit stetigem Lachen verschmäht hat, aufstände, er sich zu Tode lachen würde. Nun lauf hin, Welt, und narre immerhin, bis du müde wirst. Mein Gott! ich danke dir, daß du mir die Gnade gegeben, solche Thorheit zu sehen! Ich will die ganze Welt wie einen Distelkopf achten, wie sie auch ist, so werde ich mich in sie nicht verlieben.
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