Der beste Empfehlungsbrief
Ein Kaufmann suchte einen Lehrjungen. Auf sein Inserat hin meldeten sich nicht weniger als 50 Knaben. Er beschied sie alle auf eine bestimmte Stunde zu sich, las rasch die Empfehlungsbriefe, welche sie mitgebracht hatten, und wählte dann, ohne ein Wort zu fragen, einen von den Fünfzig aus. Die anderen verabschiedete er.
"Warum wählst du gerade diesen Knaben?", fragte ein Freund, der zugesehen, verwundert, "er hatte ja keinen einzigen Empfehlungsbrief!"
"O", sagte der Kaufmann, "er hatte ja viele. Er putzte seine Füße ab, ehe er ins Zimmer trat, und machte die Tür zu; er ist also sorgsam. Er gab ohne Besinnen dem alten, lahmen Manne seinen Stuhl; er ist also aufmerksam und freundlich. Er nahm seine Mütze ab, ehe er hereinkam, und beantwortete meine Fragen schnell und sicher; er ist also höflich und wohlerzogen. Er hob das Buch auf, das ich absichtlich auf den Boden gelegt hatte, während die übrigen es zur Seite stießen oder darüber stolperten. Er wartete ruhig und drängte sich nicht heran - ein gutes Zeugnis für sein anständiges Betragen. Ich bemerkte ferner, dass sein Rock gut ausgebürstet, und sein Gesicht und seine Hände rein waren. Nennst du dies alles keinen Empfehlungsbrief? Ich gebe mehr darauf, was ich von einem Knaben weiß, den ich 10 Minuten lang gesehen habe, als auf das, was in schön klingenden Empfehlungsbriefen geschrieben steht."
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