Der besiegte Sieger
Viele Jahre sind es her. Aber die Sportfreunde Frankreichs begeistern sich heute noch daran. Es war an einem der schwierigsten Streckenabschnitte der Tour de France, des berühmten Radrennens. Forestier, der Liebling Frankreichs, führte. Jeder rechnete damit, ihn bald im Gelben Trikot seine Ehrenrunde fahren zu sehen. Alle würden ihm zujubeln, der die harte Alpenpiste so glänzend geschafft hatte und auf der Pyrenäenstrecke noch rascher die Höhen erklomm. Er war großartig in Form. Nur einer machte ihm ernsthaft Konkurrenz: Der Italiener Ricardo. Jetzt überholte der ihn sogar. Doch da waren Mann und Rad vor ihm plötzlich wie vom Erdboden verschluckt. Gestürzt! Niemand hatte es gesehen. Nur Forestier. Eine Sekunde Zögern, dann sprang er ab, kroch vorsichtig den Hang hinab und schleppte den Verunglückten an den Straßenrand, wo die Rote-Kreuz-Kolonne ihn fand. Forestier hatte kostbare Minuten verloren und den sicheren Sieg. Aber als der kleine Franzose weit hinter dem glücklichen Ersten seine Endrunde durch die Arena fuhr, toste nicht endender Beifall auf. Der Besiegte - er war der wirkliche Sieger.
(Carl Heinz Peisker, 1930-1980)
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