Demut und Annahme von Kritik

Der Herausgeber erinnert sich: Pfarrer W. Busch hatte sich in einer Nummer der von ihm redigierten Zeitschrift "Licht und Leben" kritisch mit dem frühreformatorischen Liedgut auseinandergesetzt, dessen sprachliche Form für den heutigen Menschen oft nicht mehr verständlich und tragbar sei. Er gab dann noch der Stimme eines jungen Mannes Raum, der in einigen Beispielen etwas spöttisch die Doppeldeutigkeit verwendeter Begriffe herausstellte.
Darauf sandte eine ältere Pfarrfrau aus Württemberg einen Leserbrief an Pfarrer Busch, den dieser in einer der folgenden Nummern von "Licht und Leben" veröffentlichte. Sie schrieb unter anderem: "Diese schnodderigen Witze tun mir so weh, wie wenn man edle Pflanzen mit Gift übergießen würde. Ist es recht, diese Witze auch noch zu veröffentlichen? Immer wird alt und jung der blöde Witz einfallen, wenn sie das Lied singen oder lesen. Und der Unkrautsamen wächst schnell und verdirbt die gute Frucht."
Ein anderer Schriftleiter hätte gewiss ein paar gewandte Formulierungen gefunden, mit denen er das, was er hatte drucken lassen, in Schutz genommen hätte. Wilhelm Busch aber antwortete nur: "Wir haben der alten Dame geschrieben, dass sie Recht hat mit ihrer Kritik." Das hat mich tief beeindruckt, weil es so selten ist...

Quelle: Hört ein Gleichnis, Heinz Schäfer, Beispiel 282
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