Das verlorene Zehnmarkstück
"Vor mehr als zwanzig Jahren", so erzählt ein Sohn, "kam mein Vater eines kalten Winterabends von seiner mühsamen Tagereise - er handelte mit Butter, Eiern etc. - heim. Als er dann nach dem Abendbrot das eingenommene Geld nachzählte, fehlten ihm zu seinem nicht geringen Schrecken 10 Mark, die er trotz sorgfältigen Nachsuchens in allen seinen Taschen nicht finden konnte. Er klagte aber seinen Verlust dem Herrn, doch konnte er erst nach Verlauf der Woche denselben Weg wieder zurücklegen, da er an jedem Tag der Woche einen besonderen Rundgang zu machen hatte. Als denn nun der nächste Mittwoch gekommen war, ging mein Vater seine gewöhnliche Runde, ohne dass sich etwas Besonderes ergeben hätte, bis er auf den letzten Bauernhof kam, wo er in der vorigen Woche einige Einkäufe gemacht hatte. Als er den Bauern traf, fragte er ihn, ob er einmal wieder an die Stelle des Hofes gehen dürfe, wo er ihm in der letzten Woche das Geld bezahlt hätte. Vielleicht habe er dort die 10 Mark verloren. Der Bauer lächelte ungläubig und ging mit meinem Vater an die bezeichnete Stelle. Vater sagte: 'Gerade an diesem Fleck stand ich letzte Woche und sprach mit Ihnen. Hier nahm ich auch mein Portemonnaie heraus und bezahlte Ihnen die Butter.' Damit langte er in die Tasche, nahm sein Messer heraus, öffnete es, bückte sich nieder und strich damit über den Boden hin. Und siehe da, alsbald sah er zu seiner großen Freude das glänzende Zehnmarkstück zu seinen Füßen liegen. Er war von dieser Freundlichkeit Gottes so überwältigt, dass er auf der Stelle, in Gegenwart des ungläubigen Bauern, dem Herrn für Seine Treue dankte. Es war bereits spät am Abend, als er wieder zu Hause anlangte und uns erzählte, was Gott getan hatte. Dies hat uns noch mehr Grund gegeben, den Herrn zu preisen, als wir es bis dahin schon gehabt hatten."
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