Das verknotete Band der Liebe

Die Bibel redet einmal von der Liebe als dem "Band der Vollkommenheit" (Kol. 3,14) - das klingt wie Reklame für unzerreißbare Bänder oder Seile. Die wird es schon geben in der Industrie. Im menschlichen Miteinander sind sie selten. Zu oft halten sie den Zerreißproben nicht stand.
Was soll ich tun? Ein Neues kaufen? Es gibt nur eine Liebe. Aber es gibt die Kunst des Verknüpfens, es gibt den Knoten. Er verbindet, was zerrissen war. Sieht aber dann das "Band der Vollkommenheit" nicht bald wie Flickwerk aus?
Mag sein, aber sollten wir uns deshalb schämen müssen? Ist der Knoten richtig geknüpft, hält diese Stelle des Bandes besser als jede andere. Der richtige Knoten wird immer fester, je größer die Belastung wird. Und er wird kleiner, und bald ist er nur noch wie eine Narbe, die anzeigt: Hier wurde etwas geheilt. Deshalb preist das Volkslied nicht das Band, sondern den Knoten: "Krankheit, Verfolgung, Betrübnis und Pein soll unsrer Liebe Verknotigung sein."
Sollen wir uns schämen, wenn das Band so oft geflickt, verknotet wurde? Nein! Aber das Knüpfen sollten wir beständig üben und nicht müde dabei werden!
(Gerhard Schlage)

Quelle: In Bildern reden, Heinz Schäfer, Beispiel 1256
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