Das umgestrichene Holzpferd

Wir tauschten Jugenderinnerungen aus. Mein Freund entstammte einer kinderreichen Familie. Die Weihnachtsbescherungen hatten damals, vor rund 50 Jahren, einen wesentlich schlichteren Zuschnitt als heute. Die Freude der Kinder war ein großes Holzpferd  -  nicht gerade sehr schön, aber sehr unverwüstlich und sehr geliebt. Dafür bekamen sie es auch eine ganze Reihe von Jahren nacheinander geschenkt. Vor dem Fest verschwand es plötzlich, und dann stand jedes mal ein neues Holzpferd unter dem Lichterbaum: Einmal ein Schimmel, einmal ein Fuchs, einmal ein dunkelfarbiger Trakehner. Aber auf die Dauer konnten die neuen Farben nicht über den hölzernen Kern hinwegtäuschen.
Wieder war es Weihnachten. Die Kinderaugen peilten beim Eintritt in die gute Stube nach dem neuangestrichenen Pferd. Es stand nicht an seinem gewohnten Platz. Endlich entdeckte der Jüngste das Tier in der Ofenecke und brach in die Worte aus: "Da ist das Schinnos schon wieder!"
Ein neuer Anstrich macht eben noch kein neues Holzpferd, und ein bisschen christliche Aufmachung noch keinen Christen. Gott will keinen neuen Anstrich. Gott will ein neues, ein verwandeltes Herz.

Quelle: Hört ein Gleichnis, Heinz Schäfer, Beispiel 231
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