Das überforderte Chamäleon

Mark Twain (1835-1910), der bekannte amerikanische Humorist, erzählt folgende Geschichte: Er habe einmal ein Chamäleon gehabt, das wie alle andren Chamäleons die Eigenart besessen habe, seine Farbe bis zu einem gewissen Grade verändern und sich so seiner Umgebung anpassen zu können. Eines Tages nahm Mark Twain sein Chamäleon mit sich in sein Arbeitszimmer und ließ es auf seinem buntkarierten Teppich Platz nehmen. Die Farben des Teppichs machten auf das Tier einen tiefen Eindruck. Es hatte noch niemals eine solche Farbenzusammenstellung erlebt. Es begann alsbald, sich mit den Farben vertraut zu machen und schien den Wunsch zu hegen, sich allen verschiedenen Farben anzugleichen. Stundenlang mühte sich das Chamäleon ab, um gleichzeitig die verschiedenen Farben der einzelnen Quadrate anzulegen. Aber es gelang ihm nicht. Endlich starb das Tier an Überanstrengung.
Verstehen wir wohl den tiefen Ernst dieser scheinbar nur witzigen Geschichte? Gott, »lass uns einfältig werden und vor dir hier auf Erden wie Kinder fromm und fröhlich sein«.

Quelle: Wie in einem Spiegel, Heinz Schäfer, Beispiel 1750
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