Das Sühnopfer im Alten Testament

Geheimnisvoller Vorgang, wenn im Alten Bund ein Sühnopfer vollzogen wird: Der Schuldige bringt das Opfertier. Nun stemmt er beide Hände auf den Kopf des Tieres. Nicht etwa auf den Rücken! Es geht hier nicht um den Abtransport von Sündenpaketen, nicht um geistliche Müllabfuhr. Ich habe nicht Sünde - wie ich schmutzige Hände habe -, sondern ich bin Sünder, bin es in Person. Mit dem zeichenhaften »Hand auf den Kopf« identifiziert sich der Schuldige mit dem Opfertier: »Ich habe meinen Kopf verwirkt; nun trittst du an meinen Platz.« Jetzt muss er das Messer ziehen, mit eigener Hand die Schächtung vollziehen, muss dem Stellvertreter selbst den Todesstoß geben. Dann erst tritt der Priester vor, fängt etwas von dem strömenden Blut auf, bestreicht damit den Altar. Der Altar meint Gottes Gegenwart. Jetzt - durch das stellvertretende Sterben - ist die Verbindung zu Gott wiederhergestellt, die Gottesgemeinschaft neu eröffnet. - Was hier im Alten Bund zeichenhaft geschieht, ist »Modell« für Jesu Sterben: »Das ist der neue Bund in meinem Blut.« Nun darf ich leben, jetzt bin ich Gott recht!
(Siegfried Kettling)

Quelle: Wie in einem Spiegel, Heinz Schäfer, Beispiel 1596
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