Das Sterben Traugott Hahns
Es war im Jahre 1919. Die Russen hielten Dorpat besetzt. Mehrere Pfarrer waren gefangengenommen worden, darunter auch Traugott Hahn. Durch Augenzeugen erfuhr seine Frau über die letzten Minuten vor seinem Tode:
"Sie mussten sich alle zum Appell aufstellen. Herein trat ein roh aussehender Kommissar, begleitet von zwei Bewaffneten. Er hielt eine Liste in der Hand, rief den Erzbischof Platon auf und befahl ihm, seine Überkleider anzulegen und ihm zu folgen. Einige Minuten verstrichen... Da erdröhnte unten im Keller ein dumpfer Schuss. Der Kommissar erschien wieder. Ein zweiter wurde aufgerufen und fortgeführt. Wieder ein Schuss... Eine furchtbare Erkenntnis stieg allen auf - unter ihnen im Keller wurde einer nach dem anderen erschossen. Traugott war der vierte oder fünfte, dessen Name aufgerufen wurde. Wir saßen alle da in banger Erwartung, an wen wohl die Reihe käme. Die anderen sagten wohl noch ein Wort des Abschieds, wenn sie aufgerufen wurden, oder drückten hier und da die Hand. Als der Name Ihres Mannes ertönte, erhob er sich schweigend. Sein Antlitz trug einen Ausdruck, als sei er schon nicht mehr da, schon entrückt von dieser Erde. Er nahm seinen Mantel und ging mit langen Schritten hinaus."
Das Wort eines Gemeindegliedes bezeugt am besten, dass die Gemeinde das Sterben Traugott Hahns als die Bewährung seines Glaubens empfunden hat: "Noch sehe ich Frau von T. vor mir, die, von der Leiche des eigenen Mannes kommend, an Traugott herantrat, ihn streichelte und nur immer wieder tiefbewegt wiederholte: 'Ströme des Segens, Ströme des Segens!'"
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