Das siebte Zimmer
Ein chinesischer Prediger in Sutschau bediente sich zweier Gleichnisse: Es war einmal ein guter Mann, der baute ein Haus mit sieben Zimmern. Da kam ein armer Mann, der kein Haus hatte, und bat um ein Zimmer. Gut, sagte der Herr, ich will dir nicht nur ein Zimmer, sondern sechs geben, und du brauchst gar keine Miete zu zahlen, wenn du nur immer das siebente Zimmer für mich rein hältst. Der arme Mann war sehr erfreut und anfangs mit all den Seinigen eifrig bemüht, jenes siebente Zimmer immer in schönster Ordnung zu halten. Nach und nach aber ließ dieser Eifer nach, und am Ende machten sie gar keinen Unterschied mehr, ja schließlich gingen sie so weit zu behaupten, das ganze Haus gehöre ihnen, der Herr habe gar keinen Anspruch auch nur auf ein einziges Zimmer.
Seht, so machen wir es mit dem Tage des Herrn. Sechs Tage hat Er uns gegeben, dass wir an ihnen unsere Geschäfte treiben und arbeiten sollen; den siebenten aber hat Er sich vorbehalten, dass wir Ihm dienen, in die Kirche gehen, sein teures Wort anhören und zu Ihm beten sollen. Wir aber haben Seinen heiligen Tag nicht rein gehalten, sondern beflecken ihn mit unsern irdischen Geschäften, Gedanken und Worten.
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