Das Mitgefühl eines Kindes

Vor einiger Zeit hörte ich von einem Mann, den man, als er nach einem gewissen Gefängnis gebracht wurde, hatte fesseln müssen. Er war ein schrecklich verkommener Mensch mit einem Gesicht, das kaum noch menschlich war; er machte den Eindruck, als ob er zu einem Mörder erzogen wäre und nur noch dazu tauge. Er sollte nach einer anderen Stadt transportiert werden und wurde zu dem Zweck zu dem Bahnhof gebracht. Am Bahnhof waren nur wenige, die sich dafür interessierten, ihn anzusehen; aber da war ein kleines Mädchen, das zu ihm herantrat und zu ihm aufblickte und sagte: "Armer Mann, ich habe Mitleid mit ihnen." 
Er war schlecht genug, mit einigen gottvergessenen und unzüchtigen Worten darauf zu antworten, so dass das Kind erschrak und entsetzt zu seinem Vater zurücklief; aber es konnte es nicht lange aushalten, dieser gottlose Mann schien besondern Reiz für das Mädchen zu haben; so lief es denn wieder auf den abstoßenden aussehenden Menschen zu und sah ihn an und sagte: "Armer Mann, Jesus Christus hat Mitleid mit ihnen! Ja gewiss, er hat es!" Als der Transporteur ihn dem Gefängnisinspektor überlieferte, sagte er: "Dieser Mensch wird ihnen unsäglich viel zu schaffen machen; er ist der schrecklichste Grobian, mit dem wir je zu tun gehabt haben; es hat viel Mühe gekostet, ihn festnehmen zu können." Der Inspektor fand ihn am nächsten Morgen ruhig und unterwürfig und während der ganzen Zeit seiner Gefangenschaft gab es in jenem Hause keinen besseren Gefangenen, und als er entlassen wurde, ging er als ein anderer Mensch weg. Er erzählte dem Gefängnisprediger, es sei ein kleines Mädchen gewesen, welches ihn ungewandelt habe. Das Mädchen habe ihm gesagt, dass es Mitleid mit ihm habe und dass Jesus Mitleid mit ihm habe. Dieses Mitleid hatte sein hartes Herz weich gemacht. - Wenn wir öfter den Namen Jesu rechtzeitig gebrauchen möchten, würden wir vielleicht Ähnliches erleben können.

Quelle: Das Buch der Bilder und Gleichnisse (2000 der besten Illustrationen), Charles Haddon Spurgeon, 1904, Beispiel 1890
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