Das Madasthana - sich im Staub wälzen

In Subramanya (Wallfahrtsort) haben wir immer ein besonderes Augenmerk für jene Festbesucher, die durch das Madasthana (das Wälzen auf dem Steinboden rings um die Tempel in der Sonnenglut bei nacktem Leib) ihrem Gott die versprochenen Gelübde einlösen. Am Tage vor dem Hauptfest gingen wir mittags an den Netrawadifluss, wo dieses unmenschliche Sich-im-Staubrollen beginnt. Am Flussufer und dahinter standen eine Anzahl Leute, meistens junge Frauen, die sich anschickten, das Madasthana auszuführen. Sie waren alle von Angehörigen umgeben, die eifrig und umsichtig die Kleider binden halfen und den zum Starte nötigen Reis bereitstellten. Alle waren von einer gewissen Aufregung ergriffen, die deutlich zeigte, dass man auf einen guten Ausgang hoffte oder auch bangte. Vor dem Start begibt man sich in den Fluss, neigt sich nach Osten, wirft den Reis ins Wasser, taucht dann völlig unter und krabbelt auf allen vieren herauf auf die Straße, von wo aus das Rollen beginnt. Sobald man den Fluss verlassen hat, darf man nichts mehr reden, sonst wird das Madasthana nutzlos. Was wir diesmal sahen, ging über unsere bisherigen Erfahrungen. Auf dem Heimweg gewahrten wir das Elend dieser armen Menschen in seinem ganzen Jammer. 
Wir waren noch keine 300 Meter gegangen, als wir auch schon die ersten erschöpften Opfer antrafen. Sie lagen im Staube, der zentimetertief war, teils erbrachen sie sich oder spieen nur noch die reine Galle. Wir begegneten einem blutjungen Mädchen, das am Ende seiner Kräfte wie eine Leiche auf der Straße lag. Wir schickten das Mädchen samt seiner Begleitung an den Fluss zurück und sahen, wie sie dort ankamen und die Bedauernswerte badeten. Sie war nur noch ein Häufchen Elend. Wir hatten alle genug von diesen Bildern, die eine Offenbarung von Trostlosigkeit und Elend waren. 

Quelle: Er ist unser Leben: Beispiel- und Stoffsammlung für die Verkündigung, Martin Haug, 1941, Beispiel 416
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