Das Lachen

Als Gotthold bei einer Schenke vorbei ging, hörte er ein lautes und üppiges Lachen einer ganzen Gesellschaft und sagte bei sich selbst mit Seufzen: ach, allerliebster Erlöser! wie wenig wird an dein Wort gedacht, das du geredet hast, Luc. 6, 25.: Weh euch, die ihr voll seid, denn euch wird hungern! Weh euch, die ihr hier lachet, denn ihr werdet weinen und heulen! Ich finde von den Heiden, daß sie ehemals dem Lachen, als einem Gott, ein Bild aufgerichtet und demselben jährlich ein Fest mit vieler Lust und großer Freude gehalten haben. Es scheint, als hätten unsere heutigen Scheinchristen ihnen diesen Gebrauch abgelernt und den Lach- und Freudengötzen viel Tempel ausgerichtet, darinnen sie nicht jährlich, sondern wöchentlich zusammen kommen und deren Dienst fleißiger abwarten, als den heiligen Dienst des Herrn! Der Sabbath ist ein Sauftag und Saubad geworden, die Andacht in Pracht und die Innigkeit in Ueppigkeit verwandelt worden. Ach, Gott! dir sei es geklagt, daß man das eine Lust heißt, wenn man sich toll und voll säuft, Scherz und Narrentheidinge vorhat, welche Christen nicht geziemen, wenn man sich die Freiheit nimmt, zu reden und zu thun, was dem sündlichen Fleisch nur in den Sinn kommt! Des Fleisches Wohl ist des Geistes Weh. Wenn der Leib in gottloser Ueppigkeit lacht, so hat die Seele Ursach, blutige Thränen zu vergießen. Ueber solchem Lachen lachen die Teufel, und solche üppige Freude ist des Satans Lust; die Weltfreude ist des Teufels Lockspeise, wie sie ein gottseliger Lehrer recht genannt hat. Sie ist ein überzuckertes Gift und eine Anstimmung oder Vortrab des ewigen Heulens und Weinens. Wenn die neugebornen Kinder lachen, so hält man es für eine Andeutung des folgenden Weinens und Geschreis, denn es rührt vom Bauchgrimmen her, das sie beginnen zu empfinden; so ist es mit der üppigen Weltfreude. Hiebei fiel ihm ein eine klägliche und merkwürdige Geschichte, die sich etwa vor 10 oder 12 Jahren in einer berühmten Handelsstadt begeben hat. Ein unbekannter, doch wohlbekleideter und ansehnlicher Mensch geht in ein Wirthshaus, begehrt ein Frühstück, wie auch Bier und Wein und endlich die Geiger oder Spielleute; er macht sich den ganzen Tag auf allerlei sinnliche Art lustig bis gegen den Abend; da bezahlt er den Wirth und heißt die Spielleute ihm folgen und tapfer aufstreichen, er geht bis an den vorbei fließenden schiffreichen Strom, tanzt und singt, er geht endlich in den Strom, die Musikanten meinen, es sei eine Kurzweil, und sehen dem Handel zu; er heißt sie lustig sein und wirft ihnen noch einen Reichsthaler aus dem Wasser zu. Darauf ruft er: Gute Nacht! ihr Brüder! und stürzt sich in die Tiefe des schnellen Stroms und ersäuft. Man hat dafür gehalten, daß es ein fremder Kaufmann oder Kaufmannsdiener gewesen, der in Schulden gesteckt oder mit seiner Rechnung zu bestehen sich nicht getraut, oder sonst ein Mensch, welchem der Gewissenswurm am Herzen genagt, der also mit Freuden in das ewige Heulen sich hat stürzen wollen. Es haben mir dieses Leute erzählt, die seinen Körper am Ufer liegend gesehen und von denen, welche gute Nachricht von diesem unerhörten Handel gehabt, ihn gehört. Das ist der Welt Freude! Das ist der Welt Lachen! Das ist der Welt Lust! Ich halte, der gerechte Gott habe nach seinem unerforschlichen Gericht dieses geschehen lassen, daß an diesem Menschen die andern Weltlinge ein Vorbild möchten haben ihrer sündlichen Freude und deren kläglichen Ausgangs! Der Teufel hat ein solch Trauerspiel öffentlich mit diesem spielen müssen, andern, die er heimlich in seinen Stricken zu gleichem Ende führt, zur Warnung. Ach, heiliger und gnädiger Gott! gieb, daß ich mich freue, als freuete ich mich nicht. Du bist der Brunnquell aller wahren, himmlischen und ewigen Freude! Erfreue du mein Herz, so will ich der Weltfreude wohl entbehren. Wer dich und deine Freude gekostet hat, dem ist die Weltfreude Wermuth und Galle. Ich will lieber mit Weinen und Trauern in den Himmel, als mit Freuden und Lachen in die Hölle gehen!

Quelle: Christian Scriver - Gottholds zufällige Andachten
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