Das Kohlenfeuer
Als Gotthold sich eines Kohlenfeuers wider die Kälte bedienen mußte, erinnerte er sich gelesen zu haben, daß durch den Dampf vom Kohlenfeuer Leute erstickt worden. Es sind einmal zween Kaufleute im Winter nach Lyon gekommen; als sie nun Landesgebrauch nach ein Kohlenfeuer in ihr Zimmer lassen bringen, sind sie morgens beide todt im Bette gefunden worden, welches die Aerzte nicht allein der Kälte, sondern auch dem Dampf von den Kohlen zugeschrieben. Als im Jahr Christi 1601 Michael, der Woywod in der Walachei, zu Kaiser Rudolf dem Andern nach Prag gekommen, haben seine Diener in ihre Schlafkammer, die oben gewölbt war, ein großes, eisernes Geschirr mit Kohlen getragen; als nun selbe Kammer verschlossen gewesen, daß kein Dampf hinaus gekonnt, sind ihrer vier morgens todt im Bett gefunden, fünf aber schwer krank geworden. Dergleichen fast Herzog Christoph von Würtemberg in Welschland begegnet wäre, wenn er nicht, vom Dampf erwacht, auf Händen und Füßen der Thüre zugekrochen, dieselbe eröffnet und also dem Rauch einen Ausgang gemacht hätte. Ach, dachte er ferner bei sich selbst, wie leicht ist es um uns Menschen geschehen, und wie mancherlei Art des Todes ist unser nichtiges Leben unterworfen! Es ist kein Ding dem Menschen so dienlich, das nicht auf Gottes Wink demselben auch schaden und wol gar das Leben nehmen konnte, und das darum, daß wir sollen lernen, alle Dinge in der heiligen Furcht Gottes brauchen. Indem er nun tief bei diesen Worten seufzte, erregle er mit seinem Odem von den glühenden Kohlen die Loderasche, daß ihm dieselbe um den Kopf flog. Siehe da, sprach er, was erhebt sich die arme Erde und Asche? Sir. 10, 9. Dieser weiße Staub läßt sich mit einem geringen Odem rege machen und fährt hoch her, bleibt aber doch nur Asche und muß wieder herunter fallen. So sind wir Menschen auch, es kann eine schlechte Gelegenheit, ein geringes Lob- und Liebsprechen der Leute, eine ungegründete Einbildung unsern Muth erheben, daß wir mit unsern Gedanken, ich weiß nicht, wie hoch über andere flattern. Indessen bleiben wir doch ein armer Aschenhaufe, und die wir oft im Leben die halbe Welt wollen füllen, können, wenn wir etliche Zeit im Grabe gelegen, kaum eine Hand voll machen. Mein Gott! ich danke dir für solche gute Erinnerung. Die Gedanken von der Eitelkeit menschlichen Lebens sind rechte glühende Kohlen, damit unser Herz zu deiner heiligen Furcht erhitzt wird.
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