Das Holz

Als jemand mit Gotthold vom Brennholz zu reden kam, sagte er: Wir dieses Orts können nicht erkennen, was für eine edle Gabe Gottes das Holz ist, weil wirs häufig haben und es uns wöchentlich mit vielen Fudern vor die Thür geführt wird. Darum, ob wir wohl täglich des Holzes uns bedienen zum Kochen, Backen, zum Waschen, zum Heizen, ob auch wohl große Leute sich verwundern, woher unser Herr Gott alles Holz nimmt zu so mancherlei Brauch für alle Menschen in der ganzen weiten Welt, als Bauholz, Brennholz, Tischlerholz, Böttigerholz, Stellmacher- und Wagnerholz, Schiffholz, Holz zu Schubkarren, Schaufeln, Kannen u. s. w. so halte ich doch dafür, daß unter Tausenden nicht ein einziger sei, der Gott sein Leben lang für die Erschaffung und Benutzung des Holzes gedankt hat. Diese aber alle sollte man eine Weile hinbringen an die Oerter, die so viel Holz nicht haben, auf daß sie aus dem Mangel erlernen möchten, wie gut es sei. Zu Toledo in Spanien wird das alte ausgeworfene Weinholz zur Feurung gebraucht und theuer verkauft. Zu Kairo, der großen Stadt in Aegypten, soll ein Pfund Holz um einen Groschen verkauft werden, darum das gemeine Volk seine Speise aus den Garküchen holt, deren 30,W0 darinnen sind. Konrad Tietench meldet, daß zu Ulm, in der bekannten Reichsstadt, woselbst er Superintendent gewesen, das Holz eine theure Waare sei, daß einer fast mehr um dasselbe, als ums liebe Brod zu sorgen habe, darum es von der Obrigkeit mit großer Beschwerde und Unkosten dahin geschafft werde, daß sie nach Nothdurft und im Nothfall damit versehen seien, wie er denn auch meldet, daß von reichen Leuten gewisse Holzstiftungen für arme Leute geordnet, davon ihnen zur Winterszeit gereicht werde; und endlich ermahnt er, daß man ja ein jedes Spänlein zu Rathe halten und auf der Gasse nicht liegen lassen solle. Wenn das hier ein Prediger thäte, so würde er ausgelacht werden. Ich erinnere mich, daß in dem letzten nordischen Kriege, als die königliche Stadt Kopenhagen gar hart belagert war, dieselbe nicht leicht an einem Dinge einen größern Mangel als am Holz erlitt, darum, als sich ein getreuer Unterthan mit einem Schiff voll Holz gewagt und glücklich hinein gekommen, hat er große Gnade und Belohnung bei seinem Könige verdient. Mein Gott! das letzte, das ich auf der Welt gebrauchen werde, wird ein Holz sein, nämlich der Sarg, von Brettern gemacht, darinnen dieser mein nichtiger Leib verfaulen wird; weil mir denn das Holz von meiner Geburt an bis in meinen Tod dient, wie sollte ich dir, dem alleinweisen und milden Schöpfer, nicht dafür danken!

Quelle: Christian Scriver - Gottholds zufällige Andachten
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