Das große Los gewonnen und - den Teufel im Haus!
Es war ein vermögender Handwerksmeister, der meinen seelsorgerlichen Besuch empfing. Ich kannte den Mann bisher nur so obenhin; bei diesem traurigen Anlass - sein Sohn war gestorben - ließ er mich in der Aussprache unter vier Augen einen erschütternden Einblick in sein Familienleben und seine Seele tun. "Ich habe", bekannte der Vater, "vor Jahren einen Teil des großen Loses gewonnen, niemand weiß davon. Sie mögen mir glauben oder nicht, aber mit diesem Geld ist der Teufel in mein Haus gekommen. Meine Kinder, meine Schwiegerkinder sehen mich nur noch als den Geldgeber an. Kindliche Liebe, Dankbarkeit, alles ist dahin." Und diesem Sohn, der am andern Morgen beerdigt werden sollte, war das Geld des Vaters gerade am meisten zum Schaden geworden. Er hatte keiner Versuchung widerstehen können, war in schlechte Gesellschaft geraten und häufte Schulden auf Schulden, immer in der leichtsinnigen Sicherheit, "mein Vater wird es schon bezahlen". Wie es auf dem Wege des Verderbens schnell abwärts geht, so auch bei ihm. Er unterschlug wiederholt beträchtliche Summen bei seinem Fabrikherrn. Der Vater war stets mit seinem Gelde eingesprungen, um die strafrechtliche Verfolgung niederzudrücken. Er hatte jedoch gedroht, das nächste Mal es nicht wieder zu tun. Als er mit seinem Worte ernst gemacht und eine Anzeige erfolgt war, ging der Sohn hin und nahm sich das Leben, der arme Vater tat mir in der Seele leid. Das Wort der Schrift hatte sich erfüllt: "Niemand lebt davon, dass er viele Güter hat." Luk. 12,15.
Georg Meyer, Wurzen, in "Aufwärts".
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