Das Goldstück
Gotthold ward ein ansehnliches Goldstück oder goldener Schaupfennig vorgezeigt, welches, wie er merkte, seinem Besitzer sehr lieb , war (seinem Herrn mag ich nicht sagen, denn nicht alle Besitzer sind auch Herren ihres Geldes). Er sagte hiezu: Wie viel ist dies Stück werth? Jener antwortete: Dreißig Thaler und noch mehr. Freilich noch mehr, fuhr Gotthold fort; denn solche Dinge haben ihren Werth von der Einbildung der Menschen und können sie es schätzen, wie sie wollen. Man hat ein Exempel, daß ein altes Stück Geldes, das etwa vor 1000 oder mehr Jahren geprägt worden, um etliche ja viel 100 Thaler verkauft ist, man sollte aber Leute finden, die es für nichts würden achten. Pomponius Mela und Tertullian gedenken eines Volkes, so sie Makrobier nennen, welche die Ketten und Bande der Uebelthäter aus Gold machen, und der Letztere setzet hinzu, daß diese Leute eine gute Erfindung haben, einem die Goldliebe zu vertreiben. Gewiß, es ist hoch zu bedauern, daß wir Christen uns so gar sehr in das Gold verliebt haben, daß auch die einfältigen Indianer daher auf die Gedanken gekommen, als wäre es unser Gott, wie denn davon eine merkliche Geschichte aus einem berühmten spanischen Geschichtschreiber, las Casas genannt, erzählt wird, daß, als ein indianischer Herr, Gathury benamt, vor der Spanier Grausamkeit aus der Insel Hispaniola in Kuba geflohen und vermerkt, daß sie ihm auch dahin folgen würden, er seine Landsleute zusammen berufen und gesagt, dieser Ausländer Gott wäre das Gold, und weil er ein Kästlein damit angefüllt bei der Hand hätte, möchten sie nebst ihm demselben zu Ehren einen Tanz anstellen, (dies war ein Stück des barbarischen Gottesdiensts,) ob sie ihn könnten versöhnen und bewegen, daß er seinen Dienern, den Spaniern, befehlen möchte, daß sie von ihnen zufrieden gelassen würden; darauf sie um das Kästlein, darinnen der vermeinte Gott der Spanier aufbehalten ward, so lange getanzt, bis ihnen der Odem fast entgangen, endlich aber, weil sie dafür gehalten, es wäre nicht rathsam, solchen Gott bei sich zu haben, das Kästlein in den nächsten Strom versenkt. Denket hiebei, wie übel es wol die armen einfältigen Barbaren getroffen, und ob nicht viel Christen seien, die das Gold als ihren Gott lieben und sich darauf mehr, als auf Gott verlassen. Was ist nun aber das Gold? Eine glänzende gelb gefärbte Erde, wie der Mensch selbst auch nur Erde ist. Es ist vergänglich und der Eitelkeit unterworfen, es ist leblos und an sich selbst ohne besondere Kraft, wie nunmehr von den gelehrtesten Aerzten ich genugsam erwiesen achte. Zwar will berichtet werden, daß ein Alchymisten, der mit Abquicken, Cämentiren und Goldscheiden lange umgegangen und viel Quecksilber in sich gezogen, darüber sei gefährlich krank geworden, welchem gerathen wurde, er sollte ein goldenes Blech lassen schlagen und auf das Herzgrüblein legen; wie solches geschehen, habe das Gold alles Gift vom Herzen ausgezogen. Dieses läßt man zu der Gelehrten und Erfahrnen Nachdenken und Urtheil zwar ausgestellt sein, allein, was kann es in geistlichen Herzensanliegen und in der letzten Noth thun? Was hats für eine Kraft, die Seele zu erretten, zu trösten und zu erhalten? Es kommt aus der Finsternis, sagt ein weiser Mann (aus der Erde und tiefen Grüften), es wandert in die Finsterniß (der Beutel und Kasten) und führt manchen in die Finsterniß (der Hölle). Wenn mein schlechter Rath was gelten möchte bei reichen und begüterten Leuten, so wollt ich dafür halten^ es sollte sehr erbaulich und gut sein, wenn sie an einem jeden Beutel, welchen sie mit Gold und Silber angefüllt verwahren, einen Zettel machten mit einer sonderlichen Aufschrift, als: Es gilt nichts! Es vermag nichts! Es ist Erde! Was kanns helfen? Es rettet nicht vom Tode! Thue Rechnung von deinem Haushalten! und dergleichen. Allein ich weiß wohl, daß die Welt meines Raths lacht und denkt, wir sind so einfältig, daß wir nicht wissen, wozu das Gold gut ist. Nun so fahr hin, Welt, mit deinem Gold! ich behalte meinen Gott.
© Alle Rechte vorbehalten