Das eigentümliche Zeugnis eines mutigen Zeugen
Vielleicht ist euch die Geschichte von Georg Whitefield bekannt, der es sich zur Regel gemacht hatte, mit den Gliedern seines Hauses, in welchem er sich aufhalten musste und zwar mit jedem Glied persönlich, über das Heil seiner Seele zu sprechen. Nun geschah es, dass er einmal als Gast bei einem Hauptmann weilte, der, wie auch seinen Familie, sehr liebenswürdig, aber leider kein Christ war. Whitefield war von der ihm erwiesenen Gastfreundschaft und von dem Charakter seines liebenswürdigen Gastgebers, sowie dem seiner Gattin und seiner Töchter so entzückt, dass er sich scheute, mit ihnen über das eine das not ist, eingehend zu sprechen. Er würde es getan haben, wenn sie weniger liebenswürdig gegen ihn gewesen wären. Nachdem er eine Woche in der gastfreundlichen Familie geweilt hatte, ohne seine Aufgabe gelöst zu haben, wurde er in der letzten Nacht so von dem Heiligen Geist beunruhigt, dass er nicht schlafen konnte. "Diese Leute sind so gütig gegen dich gewesen", hieß es in ihm; "du aber hast dich untreu erwiesen."
"Ich muss es vor meiner Abreise noch tun", sagte er zu sich selbst; "ich muss ihnen sagen, dass sie bei all dem Guten, das sie haben, verloren gehen, wenn sie nicht an den Herrn Jesum glauben." Er erhob sich von seinem Lager und betete; trotzdem kämpfte es noch in ihm. Seine alte Natur sagte: "Ich kann es nicht!" Der Heilige Geist schien jedoch zu antworten: "Gehe nicht von ihnen, ohne ihnen ein Wort der Mahnung zu geben." Endlich fiel ihm ein Mittel ein und er bat Gott, dasselbe zu segnen. Er zog seinen Ring, in welchem sich ein Diamant befand, vom Finger und schrieb auf eine Fensterscheibe seines Schlafzimmers die Worte: "Eins fehlt dir!" Er hatte sich nicht überwinden können, mündlich zu seinen Gastgebern zu reden und zog unter inbrünstigem Gebet um ihre Bekehrung seines Weges. Kaum hatte er das Haus verlassen, als die Dame des Hauses, eine große Verehrerin das Gastes sagte: "Ich will hinauf in sein Zimmer gehen; ich muss die Stätte ansehen, da der Mann Gottes geweilt hat." Sie ging. Die Worte: "Eins fehlt dir!" fielen ihn zuerst in die Augen und machten einen tiefen Eindruck auf sie. "Ach", sagte sie bei sich, "ich dachte, er kümmere sich nicht viel um uns. Wusste ich doch, dass er denen, bei denen er Gast war, stets ins Herz zu reden pflegte und da er das bei uns nicht tat, meinte ich, wir hätten ihn beleidigt. Jetzt geht mir ein Licht auf! Er hat aus Zartgefühl nicht geredet!"
Sie rief ihre Töchter herbei und nachdem diese die Inschrift der Fensterscheibe gelesen hatten, wurde auch der Hausvater gerufen. Er kam und las gleichfalls: "Eins fehlt dir!" Hierauf knieten alle um das Bett, das dem Mann Gottes zum Lager gedient hatte, nieder und flehten, dass Gott ihnen das Eine geben möchte, das ihnen fehle. Und ihnen geschah, um was sie gebetet hatten. Ehe sie das Zimmer verließen, fanden sie das Eine, das ihnen bis dahin gefehlt hatte und die ganze Familie freute sich ihres Heilandes.
Noch vor kurzer Zeit traf ich mit einem Freunde zusammen, von dem ich erfuhr, dass die erwähnte Fensterscheibe als Erbteil in den Besitz eines seiner Gemeindeglieder gekommen sei und dort aufbewahrt werde. Wohl denn, wer nicht auf die eine Weise wirken kann, der versuche es mit einer andern.
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