Das Edelweiß gedeiht nur im Hochgebirge

Auf Rasenbänken an felsigen Hängen wächst die herrlichste Blume des Hochgebirges, das Edelweiß. Mit seinen weißwolligen, strahlig angeordneten Deckblättern, in der Mitte die goldene Blütenkrone, entzückt es jeden Beschauer. Aber es ist nur schwer zugänglich. Mancher Bergsteiger, der es pflücken wollte, ist dabei abgestürzt. Deshalb versuchte man, es von den Bergen herunterzuholen und in den Gärten der Ebene anzupflanzen. Und tatsächlich, es wuchs und fing auch zu blühen an. Aber ein echtes Edelweiß ist es doch nicht geworden. Es schoss zu hoch auf, und die Blüten wurden plump und grau. Ein Edelweiß gehört eben ins Hochgebirge. In der Ebene verfettet und entartet die Pflanze. - Das kann uns ein Gleichnis sein. Auch wir Menschen haben unsere vom Schöpfer gegebenen Lebensbedingungen. Wir brauchen die Höhenluft des Glaubens und die Kargheit zuchtvoller Lebensführung. Wer in Selbstsucht, Lebensgier und Wohlstand aufgeht, verliert seine Würde. Nicht die satte Niederung des eigensüchtigen Profits, sondern die Höhe und Klarheit der Gottes- und Nächstenliebe ist der Platz unserer Bestimmung.

Quelle: Mach ein Fenster dran, Heinz Schäfer, Beispiel 857
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