Da bist du ja, du mein lieber Verbrecher.
Von Vater Bodelschwingh (1831-1910) wird berichtet, dass er am Anfang seiner Wirksamkeit in Bethel eine große Enttäuschung erlebt hat. Der Kassierer Bethels, das noch in seinen Anfängen steckte, hatte Gelder veruntreut. Als das entdeckt wurde, machte er sich aus dem Staube. Monatelang hörte man nichts mehr von ihm. Damals gab es noch keinen Polizeifunk und auch keine Interpolfahndung. Als Pastor Bodelschwingh etwa nach einem halben Jahr nach jenem Ereignis durch die Friedrichsstraße in Berlin ging, um an einer Landtagssitzung teilzunehmen, traf er unversehens auf seinen ungetreuen Kassierer. Flüchten konnte und wollte der Mann nicht. Bodelschwingh ging auf ihn zu, nahm ihn in die Arme und sagte dabei wörtlich:
»Da bist du ja, du mein lieber Verbrecher.« Statt an der Landtagssitzung teilzunehmen, kehrte Bodelschwingh mit dem Mann wieder um, fuhr mit ihm nach Bethel und setzte ihn als Kassierer wieder ein. Ein Beispiel, das man nicht einfach nachahmen kann, das aber doch etwas zeigt von dem Glauben an die umwandelnde Kraft des Auferstandenen. Gott kann aus Sackgassen herausführen und neue Anfänge schenken. Seine Kraft reicht dafür aus.
(Marie Hüsing)
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