Christi Erniedrigung

C. H. Spurgeon:
Als Sapor, der große Perser, einst einem jüdischen Rabbiner gegenüber sich spöttelnd über dessen Messias lustig machte, der auf einem Esel angeritten komme, sagte er: "Ich will Ihm gern eins von meinen edlen Rossen zur Verfügung stellen." Der Rabbiner antwortete: "Ihr könnt Ihm gar kein Ross stellen, das für Ihn gut genug wäre; denn Ihr müsst wissen, dass jener Esel gegen hundert Farben haben wird." Durch diese überflüssige Tradition zeigte der Rabbiner, dass er die Idee des Propheten überhaupt nicht erfasst hatte und dass er an die Erniedrigung, die durch das Reiten auf einem gewöhnlichen Esel dargestellt wird, gar nicht glaubte. Der Rabbinische Sinn und Geist musste deshalb die Einfachheit notwendig in ein geheimnisvolles Rätsel einhüllen und die Niedrigkeit in einen außerordentlichen Pomp umwandeln. Der eigentliche Kern der Sache ist, dass unser Herr sich kein großes Ansehen gab, sondern von aller eitlen Ehre völlig frei war und sich ganz natürlich gab. Sein Pomp ging nicht weiter, als auf einem Füllen der lastbaren Eselin in Jerusalem einzuziehen. - Der Mohammedaner wendet sich spottend ab und sagt zu dem Christen: "Euer Meister ritt auf einem Esel; unser Mohammed ritt auf einem Kamel und ein Kamel ist ein viel größeres Tier." So ist es. Und hier, wo der Mohammedaner des Propheten Gedanken nicht erfasst, zeigt sich Christus ganz anders. Jener trachtet nach Stärke und Ehre, aber Jesus siegt durch Schwachheit und Niedrigkeit. Wie wenig wirkliche Herrlichkeit liegt in den Aufzügen der Fürsten dieser Welt! In Christi Herablassung liegt viel mehr wahre Herrlichkeit, als in weltlichen Prachtaufzügen.

Quelle: Das Buch der Bilder und Gleichnisse (2000 der besten Illustrationen), Charles Haddon Spurgeon, 1904, Beispiel 226
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