Brahmanische Bußübungen
Um die Mitte des 19. Jh. lebte in Mittelindien Scharmal Das (Diener von reinem Herzen). Sein Sohn und seine Tochter starben, dazu verlor er über 100 Stück Vieh. Um die Götter zu besänftigen, besuchte er einen Tempel und gelobte, ein Opfer zu bringen, wenn innerhalb von sechs Monaten der Fluch von ihm genommen ist. Als nichts geschah, beschloss er noch ernstere Bußübungen zu vollziehen. So nahm er 13 Jahre lang keine aufrechte Haltung ein, in der kalten, regnerischen Zeit kleidete er sich äußerst dürftig, und wenn es heiß war, umgab er sich mit mächtigen Feuern. Dazu wälzte er sich zweimal im Jahr ca. 3 km auf dem Boden zu einem Tempel, und weitere 4,5 km zu einem heiligen Platz. In seinem Volk wurde er als Heiliger verehrt. Vor seinem Tod fragten ihn seine Schüler, welchen Gott sie verehren sollten: Rama, Krischna oder einen anderen. Doch er erwiederte: "Nach meinem Tod werdet ihr anfangen, einen anderen Gott zu verehren. Ihr werdet ihn aus einem Buch kennen lernen. Dieses Buch wird jeder haben können und diese Religion wird sich im ganzen Land ausbereiten."
Hatte er die Bibel gelesen, oder von ihr gehört? Scharmal Das gehörte einer niederen Kaste an, die die heiligen Bücher der Brahmanen nicht lesen dürfen.
(J. Hesse, Vom Segensgang der Bibel, Verlag der Vereinsbuchhandlung, Calw & Stuttgart, 1910)
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