Bekehrung nicht erwünscht!

E. Krupka erzählt in "Weg' hast du allerwegen": 
Ich weiß von dem Sohn eines reichen Majoratsherrn, der in Berlin studieren sollte und bei freundlichen, achtbaren Leuten in guter Gegend untergebracht wurde. Nach einigen Monaten hatte der junge Mann herausgefunden, dass seine Hausleute jeden Mittwoch und Sonntagabend um halb acht Uhr fortgingen und gegen zehn Uhr heimkamen. Eines Tages bat er, mitgehen zu dürfen. Da erzählten sie ihm, sie würden in eine christliche Versammlung gehen und er möge es sich überlegen. 
Aber sein Entschluss war bereits gefasst, und er ging mit, um zum ersten Mal in seinem Leben einer solchen Versammlung beizuwohnen. Als er in dem schlichten Saal saß und die Stunde begann, ging es ihm merkwürdig: er fühlte, dass er eine Heimat für seine Seele gefunden hatte. 
Zur nächsten Versammlung war er wieder da, zur dritten gleichfalls, und als einige Wochen vergangen waren, da hätte man den blasierten, verlebten, müden, jungen Mann nicht wiedererkannt. Fröhlich rühmte er: "Ich habe den Herrn gefunden und meine Seele ist genesen!" 
Bald ging auch ein glücklicher Brief an die Eltern ab: "Vater, Mutter, freut euch mit mir, ich habe den Heiland gefunden und bin ein neuer Mensch geworden." 
Der alte Herr aber las den Brief und erbleichte. Nach einer kurzen Besprechung mit seiner Frau setzte er sich in den nächsten Schnellzug, fuhr nach Berlin, suchte seinen Sohn auf und sprach: "Mein Sohn, warum hast du uns das angetan? Tu, was du willst, verbrauche so viel Geld, wie du nur hast, ich will alles bezahlen; aber werde mir um alles in der Welt kein Ducker." 
Da führte der Jungbekehrte den Vater auf den Dachboden, machte den Koffer auf, nahm den geladenen Revolver zur Hand, der obenauf lag, und sagte: "Vater, diesen Revolver hatte ich mir gekauft, um mich zu erschießen. Das Leben ekelte mich so an, dass ich es fortwerfen wollte wie einen abgetragenen Handschuh. Wäre ich nicht in die Versammlung gekommen und zu Christus, so hättest du heute keinen Sohn mehr. Und jetzt musst du wählen zwischen dem Revolver und mir. Verbietest du mir, ein Christ zu sein, so schieße ich mich tot. So wie früher kann ich nicht mehr vegetieren." 
Was wollte der Vater tun? Er schwieg und fuhr wieder nach Hause. Gott hat es gefügt, dass dieser junge Mann es auch erleben durfte, dass seine Familie zum gleichen, fröhlichen Glauben fand. Als der Sohn Ferien hatte und heimkam, ängstigte sich die Mutter sehr. Aber siehe da, er war so fröhlich, so dienstfertig, so bescheiden, dass die alte Dame eines Tages zu ihm trat und mit bewegter Stimme sagte: "Mein Sohn, wenn es dein Glaube gestattet, für eine Mutter zu beten, so bete für mich; ich brauche es." Und nach einigen Monaten war die ganze Familie des Majoratsherrn, Eltern und Kinder gleicherweise, zu Gott bekehrt.

Quelle: Er ist unser Leben: Beispiel- und Stoffsammlung für die Verkündigung, Martin Haug, 1941, Beispiel 253
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