Augustus oder Christus

Im Jahre 1898 wurde von einer deutschen Expedition in Priene, einer alten Stadt Kleinasiens, eine steinerne Tafel mit folgender Inschrift gefunden:
"Dieser Tag hat der ganzen Welt ein anderes Aussehen gegeben, sie wäre dem Untergang verfallen, wenn nicht in dem nun Geborenen für alle Menschen ein gemeinsames Glück ausgestrahlt wäre. Richtig urteilt, wer in diesem Geburtstag den Anfang des Lebens und aller Lebenskräfte für sich erkennt; nun endlich ist die Zeit vorbei, dass man es bereuen musste, geboren zu sein. Von keinem andern Tag empfängt der einzelne und die Gesamtheit so viel Gutes, wie von diesem allen gleich glücklichen Geburtstage. Unmöglich ist es, in gebührender weise Dank zu sagen für die so großen Wohltaten, welche dieser Tag gebracht hat. Die Vorsehung, die über allem im Leben waltet, hat diesen Mann zum Heile der Menschen mit solchen Gaben erfüllt, dass sie ihn uns und den kommenden Geschlechtern als Heiland gesandt hat; aller Fehde wird er ein Ende machen und alles herrlich ausgestalten. In seiner Erscheinung sind die Hoffnungen der Vorfahren erfüllt, er hat nicht nur die früheren Wohltäter der Menschheit sämtlich übertroffen, sondern es ist auch unmöglich, dass  ein größerer käme. Der Geburtstag des Gottes hat für die Welt die an ihn sich knüpfenden Freudenbotschaften (Evangelien) heraufgeführt."         

Zum Vorstehenden schreibt O. Riethmüller u. a "Wem man heute diese Sätze vorliest, ohne das Datum zu nennen, der wird ohne weiteres an den Geburtstag Jesu denken. Die Inschrift stammt aber aus dem Jahre 9 v. Chr. und bezieht sich auf den Geburtstag des Augustus, des Kaisers, der am Anfang der Weihnachtsgeschichte genannt ist. In einem bekannten Geschichtswerk stehen über Augustus folgende Sätze: 'Darüber haben sich die Stimmen so ziemlich geeinigt, dass Augustus ein Mann des Scheins gewesen ist..., aber es würde ihm Unrecht geschehen, wollte man Selbstsucht für die einzige Triebfeder seines Handelns halten.' Jedenfalls war demnach die Selbstsucht die stärkste Triebfeder seines Handelns. Zusammenfassend wird dieser Mann so beurteilt: 'So sank er ins Grab, von Millionen betrauert, ein vielleicht nicht einwandfreier Charakter, nicht idealer Mensch, aber einer der größten unter den großen dieser Erde.' Die römische Welt hat damals den Menschen Augustus buchstäblich als Gott angebetet. Heute kennt ihn die breite Masse nur durch den Anfang der Weihnachtsgeschichte, d.h. durch den Geburtstag Jesu, von dessen dasein Augustus nichts wusste, um den aber heute der Kampf der Menschheit geht.

Quelle: Er ist unser Leben: Beispiel- und Stoffsammlung für die Verkündigung, Martin Haug, 1941, Beispiel 2431
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