15 km zu Fuß zum Gottesdienst
Im Ostblock grüßen sich selbst Ungläubige zu Ostern mit dem "Christos Woskres" - dem russischen "Christus ist auferstanden". Da Ostern allemal am Sonntag gefeiert wird, hatten wir unseren freien Tag. Es war im April. Wir standen früh auf, um einen Gottesdienst zu besuchen. In der kleinen Hütte von David Keil sollte er stattfinden. Draußen war es eisig kalt und ein starker Schneesturm tobte. Wir befanden uns ziemlich hoch im Norden. Der Straßenverkehr war zum Erliegen gekommen. Doch waren wir Christen des Ostens die Fußmärsche gewohnt. Oft gingen wir 10 bis 15 km, um einer Gebetsgemeinschaft beizuwohnen.
An diesem Ostermorgen war es keine ganz einfache Sache. Doch wo ein Wille ist, findet sich meist auch ein Weg. Wir zogen unsere wärmsten Sachen an, verhüllten uns das Gesicht mit einem Tuch, um uns die Nase nicht zu erfrieren. Man konnte in dieser Gegend bis zu 52 Grad minus erleben. Im Gänsemarsch ging es dann los. Einer fasste den anderen an, damit der Wind uns nicht umriss. So gingen wir einen Kilometer nach dem anderen. Manchmal purzelten wir alle übereinander, rappelten uns wieder auf und marschierten mutig weiter. Nach mancher Anstrengung erreichten wir Davids Hütte. Mit großer Freundlichkeit wurden wir dort empfangen. Viele Geschwister im Herrn hatten sich dort versammelt, um den Auferstandenen in der Frühe des Ostermorgens zu grüßen. Es war ein einzigartiger Tag.
Heute, wo wir in der Freiheit leben, sehnen wir uns nach dem Segen, den wir damals empfingen. Was uns etwas kostet, hat für uns einen entsprechenden Wert. Heute ist es für viele Christen noch zuviel Mühe, mit dem Auto zur Kirche zu fahren. Doch das sollte den Christen im Westen bewusst sein: Wenn es einmal Verfolgungen geben wird, werden wir vielleicht auch hier zu Fuß gehen müssen. Das wird dem Segen Gottes keinen Abbruch tun!
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