Antwort
Jesaja 40-48 bilden ein zusammenhängendes Ganzes, das ein Schriftforscher mit der treffenden Überschrift versehen hat: „Israel in Babylon”. Er sagt davon: „In diesem Abschnitt wird Israel, das Volk Gottes, in Babylon gesehen, und der Prophet stellt Gott, den Herrn Israels, dar als drei Dinge tuend:
1. Er vertritt Seine eigene Sache gegen Babylon und dessen Götzen, macht sie zuschanden und verurteilt sie.
2. Er vertritt Seine eigene Sache gegen Sein Volk, das in Babylon wohnt; Er macht ihm Vorhaltungen und unterweist es.
3. Er vertritt die Sache Seines Volkes gegen Babylon und erlöst Sein Volk aus dieser harten Gefangenschaft.”
Wie und durch wen Er diese Erlösung zustande bringen wird, ist das „Neue”. Er bringt sie zustande durch Seinen Knecht, den Messias, Kap. 42,1. Dem geht aber, schattenhaft mögen wir sagen, ein Vorläufer vorauf: Cyrus, durch den erstmalig Babylon zu Fall kam und die Erlösung des Volkes Gottes in kleinem Maßstab in die Wege geleitet wurde: 41,25ff.; 45,1ff. Die Erlösung des Volkes in ihrer Fülle steht noch aus, ebenso die Niederwerfung dessen, was in der kommenden Zeit den Standpunkt Babylons einnimmt und dessen Charakter hat und dessen Gericht durch den HERRN, den Messias, den einstigen Knecht Jehovas, teilen wird.
„Das Frühere” meint Voraussagungen Gottes über das jeweilige Geschick Israels und anderer Völker durch Seine Knechte, die Propheten, in früheren Zeiten, wobei zurückgedacht werden kann bis zum Anfang ihrer Geschichte. Ein in die Zeit Jesaias selbst fallendes Beispiel ist der Assyrer: siehe Kap. 10,5ff. und Kap. 36 und 37, obwohl auch hier in Kap. 10 Zukünftiges miteingeschlossen, ja sogar die Hauptsache ist. An dem Gesamthorizont der Prophezeiung nämlich hebt sich für die letzten Tage deutlich die Gestalt eines kommenden Assyrers ab, der geographisch und charakteristisch den Platz des früheren Assyrers, des Königs des Nordens, einnimmt und samt seinem Heeresgefolge ein Schicksal ähnlich dem des Heeres Sanheribs erleiden wird (Hes. 38 und 39.)
Ob nun das „Neue und Alte” in Mt. 13,52 auf die Jesajastelle Bezug hat? Ja und nein: „Ja” insofern, als der HERR in den vorgetragenen Gleichnissen auf längst vorhandene Aussprüche und deren Inhalt, also etwas Altes, Bezug nimmt: Mt. 13,14.15; Jes. 6,9.10, während das, was Er von dem und über das Reich der Himmel sagt, etwas ist, das erst im Begriff war zu beginnen und weiterhin sich zu entwickeln, also neu ist. „Nein”, insofern die ins Auge gefaßten Gegenstände verschieden sind. In Jesaja ist das Neue, kurz gesagt, etwas, das sich auf Völkisches, Nationales bezieht; in Matthäus etwas, das auf geistigem Gebiete liegt, im Menschenherzen vor sich geht, freilich auch in seinen Folgen sichtbarlich nach außen hin sich auswirkt.
F. Kpp.