1. Antwort:
Das ist schwer zu deuten und wir tun besser zu sagen: "Wir wissen es nicht". Fest steht, dass Kain ein von Gott Gezeichneter war. Es war wohl das, was man heute noch ein "Kainszeichen" nennt: ein friedloser, düsterer, entsetzlicher Ausdruck im Antlitz und im Wesen. Von der Furcht gepeinigt, dass seine eigene Familie – die jüdische Überlieferung erzählt, dass Adam 33 Söhne und 23 Töchter hatte – wegen seinem Brudermord Rache an ihm nehmen könnte, machte ihn obendrein unstet und flüchtig. Es ist traurig, dass Kain – wie so viele Menschen auch heute – nicht eigentlich an seine Sünde denkt und darüber Leid trägt, sondern nur an die bitteren Folgen derselben. In gottfeindlichem Trotz – wenn wir die Stelle recht verstehen – sagt er: "Zu groß ist meine Strafe, dass ich sie tragen könnte." Keine Frage, der Fluch Gottes lag auf Kain und Gott behielt sich vor, das Gericht selbst - nicht durch Menschen - an ihm zu vollziehen.
2. Antwort:
Jedenfalls wollte der HERR mit dem Malzeichen eine gewisse Warnung schaffen, um das Überhandnehmen der Gewalttat zurückzuhalten. Genützt hat es freilich wenig; bald war die ganze Erde von Gewalttat erfüllt, wie schon die Prahlerei Lamechs zeigt, und Kain, da er sich doch nicht gesichert fühlte, danach eine feste Stadt zu seinem Schutz gebaut hat, das Urbild aller Machtentfaltung. Leichter ist das als Vorbild zu verstehen, nämlich als solches des flüchtigen, ruhelosen Judenvolkes, das auch seinen gerechten Bruder getötet hat: seinen Messias, Jesus Christus. Seitdem trägt es das Brandmal des Mordes an sich; unstet und flüchtig muss es darunter furchtbar leiden. Seine Geschichte ist die Geschichte Kains. Aber weil Israel der Segen Abrahams gehört: "Die dich segnen, sind gesegnet, und die dich verfluchen, sind verflucht!", was durch Bileam bestätigt worden ist (4. Mo 24,9), wird Gott auch an seinen Verfolgern furchtbar rächen, was sie an Israel Böses getan (vgl. Sach 2,12 und Mt 25,31-46).