Antwort A
Hier sind die Kolosser gewarnt vor der Philosophie, d. h. Welt- oder Menschenweisheit, vgl. 1. Kor. 1,19-22; Mt. 11,25.26 (Philosophie heißt Weisheitsliebe). Hier bezeichnet sie der Apostel Paulus selbst als eine Weisheit nach den Überlieferungen der Menschen. Es ist die menschliche Weisheit und Wissenschaft ohne das Licht des heiligen Geistes Gottes. Da können ja auch schöne, gute und edle Gedanken entwickelt werden, aber sobald sie in göttliche Gebiete eintreten, ziehen sie das Göttliche ins Menschliche herab und werden so zur losen Verführung. Viele sind dadurch entgleist. Der natürliche Mensch, wenn er auch gebildet und weise ist, vernimmt eben nichts vom Geiste Gottes, es ist ihm eine Torheit. 1. Kor. 2,14; 1,18.23.
Wenn das Törichte Gottes weiser als die Menschen ist (1. Kor. 1,25), dann reicht die Menschen- und Weltweisheit in ihrer höchsten Entwicklung noch nicht bis an das Göttliche hin. Die Menschen können eine Ahnung davon haben, aber etwas Gewisses und Sicheres haben sie nie. Die göttliche Torheit fängt also da an, wo die menschliche Weisheit aufhört; somit muss die Weisheit Gottes viel höher sein, sie ist eben auch wie der Friede Gottes höher denn aller Menschen Vernunft.
Damit weist der Apostel Paulus die Kolosser an, dass sie mehr nach Gottes Weisheit (Jak. 3,17) als nach der Menschen Weisheit trachten sollen.
F. Th. H.
Antwort B
Die beste Antwort hierauf gibt uns der Schluß desselben Kapitels (V. 18-23). Da wird uns gesagt, dass es sich bei dem „Wegführen” (Luther übersetzt treffend „Berauben”) um ein Ablenken vom Ziel (V. 19) und deshalb um ein Verlieren des Kampfpreises (V. 18) handelt, also um Dinge, die nach unserer Errettung erst einsetzen. (Vergl. 1. Kor. 9,24-27 und 1. Kor. 3,11-15.) Das Erlösungswerk ruht nicht in uns, sondern Er allein hat es vollbracht und uns das Leben geschenkt, und zwar ewiges, kein zeitliches, begrenztes Leben. Da gibt es kein Verlieren und kein Rauben. Was der HERR getan hat, ist vollkommen. Daran vermag niemand etwas zu ändern. (Joh. 10,28.) Es ist dies die objektive, außer uns liegende, in dem Opfergegenstande begründete Seite unserer Erlösung. Titus 3,4-7.
Diesem steht gegenüber die subjektive, in unserer eigenen Person liegende, daher schwankende Seite der Erlösung, das heißt das mehr oder weniger praktische Eingehen in die durch das Wert des HERRN für uns zugänglich gemachten Kräfte. Hierbei kann es noch „jemand” geben, der wegführt oder beraubt.
„Philosophie” bedeutet „Weltweisheit”. Die Überlieferungen der Menschen und die Elemente der Welt sind unzählbar.
Zu „Philosophie” vergleiche: Lk. 16,8; Mt. 7,15; 16,6; 2. Petr. 3,17; Hohel. 2,15; Jer. 29,8.9; Röm. 16,17.18; Eph. 5,6; Hebr. 13,9; 2. Joh. 8 (voller Lohn); Apg. 17,18-21.32.33; Röm. 1,21.22; 1. Kor. 1,19-23; 1. Kor. 3,18-20; 1. Tim. 6,20.21; 2. Tim. 2,16-21 („der feste Grund Gottes steht”, das ist objektiv); 2. Tim. 3,13.
Zu „Überlieferungen” vergleiche: Mt. 15,2-9, Gal. 1,14; 1. Petr. 1,18.
Zu „Elemente der Welt” vergleiche: Gal. 4,3.9; Eph. 2,2. Hier sehen wir auch, wer hinter den Elementen der Welt als Triebkraft steht.
Als Fingerzeig, um bewahrt zu bleiben, mögen uns die Worte dienen: Eph. 4,20-24; Kol. 2,20-23; 2. Kor. 10,4.5.
K. G.
Anmerkung des Schriftleiters
Man wolle die in den obigen Antworten angeführten Schriftstellem treulich nachlesen, damit man sehe, wie ernstlich die Schrift diesen uns allen drohenden Gefahren begegnet.
Vers 8 steht dem V. 5gegenüber, wo den Kolossern Lob zuteil wird, während in V. 8 (vgl. V. 4) die Möglichkeit angedeutet ist, dass sie durch gewisse philosophische Lehren „als Beute weggeführt” werden könnten. Nur das „als Beute Weggeführt werden” „gemäß Christo” ist berechtigt, vor allem anderen sollen die Gläubigen sich ängstlich hüten als vor Weltweisheit, die nichts als leerer Betrug ist, der ein Ausfluß der menschlichen Überlieferungen ist. Und woher sind diese überliefert? Aus jenen verhängnisvollen Stunden, da der Mensch seine Abhängigkeit von Gott aufgab und sich freiwillig in die Gefolgschaft des großen Verführers, des „Lügners von Anfang”, des Satans, begab (1. Mose 3). Außerdem verknüpfte die Weltweisheit und deren Forschung die Gläubigen eng mit den physischen Grundelementen (naturhaften Grundstoffen) dieser Welt, dem materiellen (stofflichen, äußerlichen) Sein und Leben (vgl. V. 20-23), statt mit dem, das droben ist (Kol. 3,1-4!), und zog sie daher von Christo ab. Welche Gefahren! - Aber, sind sie heute weniger vorhanden denn damals, als die Kolosser durch Irrlehren, die anscheinend die Person Christi und die Offenbarungen in Ihm betrafen, hindurchgehen mußten? Nein, wir sind vielmehr umgeben von solchen! Nicht nur ist die liberale (freisinnige) „Theologie” mit ihrem vielfältigen, „den HERRN der Herrlichkeit” Seiner Herrlichkeiten entkleidenden Unglauben und Christushaß auf dem Plan und eine schwere Gefahr für solche Gläubigen, die sich auch heute noch nicht von den großen Landeskirchen (in denen alles Platz hat!) trennen zu können und zu dürfen meinen (2. Kor. 6,14-18), sondern auch andere Irrlehrer treiben ihr verderbliches Spiel zum Schaden solcher, die sich nicht nahe dem Herzen des HERRN halten lassen und die nicht alles, was ihnen in den Weg kommt, prüfen an Ihm und Seinem Wort, dem alleinigen Maßstab für uns! - Ich möchte bei dieser Gelegenheit einmal wieder ernstlich warnen vor dem etwas Wahrheit und viel Betrug sehr schlau vermischenden philosophischen System des amerikanischen Russelianismus („Millenniums-Tagesanbruch-Lehren der sogenannten Vereinigung ernster [??!] Bibelforscher”), ferner vor den Sabbatariern (Adventisten), denen nicht Christus, sondern das alttestamentliche Gesetz (vor allem der Sabbat) die Hauptsache ist (siehe Galaterbrief, Kol. 2,16.17 u. a.), sowie u. a. auch vor den „Neuapostolischen”, denen ihre selbstgewählten Apostel hoch über Christus stehen usw. usw.
Möchten wir bei allen, besonders auch bei neu wiederauftauchenden, das Fleisch und Gefühl bestrickenden Lehren stets wohl zusehen, welchen Platz Christus in ihnen hat und wie Sein allein untrügliches, aber auch unbeugsam klares Wort gewertet wird! - Kol. 2,6.7!