Antwort A
Es soll dies der letzte Versuch Satans gewesen sein, um den Weibessamen (1. Mose 3,15) zu zerstören, nachdem es ihm nicht gelungen war, durch Petrus den HERRN zu verhindern, den Kreuzweg zu gehen (Mt. 16,21-23). Der vermutliche Angriff Satans in Gethsemane soll der Kelch sein, um dessen Wegnahme der Herr Jesus gebetet habe, aber wie können wir dann die Worte verstehen: „Nicht wie Ich will, sondern wie Du willst”? Dass das Leben des HERRN in Gefahr stand, ist nirgends in den Evangelien erwähnt, und so bietet die Stelle im Hebräerbrief, Kap. 5,7, die einzige Möglichkeit, einen Angriff von seiten der Macht der Finsternis anzunehmen.
Die Tiefe der Leiden unseres HERRN, als Er für uns zum Sündopfer gemacht wurde, fassen wir nicht. Wir können es nicht ausdenken, was es für unseren hochgelobten HERRN bedeutete, die Strafe zu tragen, die wir verdient hatten; und diese bestand darin, dass Ihm das Licht der Gegenwart Gottes eine Zeitlang entzogen wurde.
Der amerikanische Advokat Ph. Mauro schreibt hierüber: „Die Stelle bedeutet nicht, dass unser HERR darum betete, vom Tode in Gethsemane errettet zu werden. Die Präposition vor „Tod” ist eigentlich „aus”, so dass der Nebensatz gelesen werden sollte: „Zu Ihm, der fähig war, Ihn aus dem Tode zu erlösen, und ist auch erhört worden”. Er wurde erhört, nicht dadurch, dass Er vom Tode in Gethsemane errettet wurde, sondern dadurch, dass Er aus dem Tode (aus der Gottentfremdung), den Er am Kreuz erlitt, genommen wurde. Die Antwort auf Sein Gebet war die Auferstehung.”
E. L.
Antwort B
Weder in Hebr. 5,7 noch in Mt. 26,36-56; Mk. 14,32-52; Lk. 22,39-53; Joh. 18,1-2 finden wir Gründe zu solcher Annahme. Als der HERR in Gethsemane so heftig betete, war Er nicht einem Versuch Satans, Ihn zu töten, ausgesetzt; Sein „Bitten und Flehen” weisen deutlich auf die unmittelbar nachher kommende Stunde, da Er allein, ganz allein mit der furchtbaren Macht Satans zu tun haben und, zur Sünde für uns gemacht, den Kelch des Fluches Gottes trinken sollte. Satan, der in Judas war (Joh. 13,27), befahl nicht: „Tötet Ihn sofort”, sondern „Ihn greifet”! Durch ein sofortiges Töten wäre sein Charakter als Mörder (Joh. 8,44) zu leicht erkennbar gewesen; der Lügner stellte sich nicht, wie er war. Sein Verbrechen beging er durch gar gesetzmäßige Verhandlungen: Verhaftung, Prozeß, Anklage, Zeugenaussage, Verteidigung, Verurteilung, Hinrichtung. Kein Mensch bemerkte in diesen Vorgängen seine unsichtbare und gottfeindliche Leitung. Alle, durch ihn verblendet und begeistert, verlangten die Kreuzigung des Gerechten. Welch ein Triumph für die „Macht der Finsternis”! Es war der tiefste Punkt der „Tiefen Satans”.
Hebr. 5,7 sagt, dass der HERR erhört, also aus dem Tode errettet wurde, aber nicht darin, dass Er etwa nicht starb. Über diese Stelle gibt die Schrift in Apg. 2,24-27 eine so einfache und doch klare Auslegung, dass wir auf Grund derselben keine menschlichen Annahmen machen dürfen. Obgleich unsere Sünden Ihn in den Tod brachten, waren auch, abgesehen von Seiner Göttlichkeit, das eigene Leben, der Wandel, die Natur des Herrn Jesu als Mensch gegenüber Gott so heilig, so wahrhaftig fromm, so völlig sündlos, dass die Gerechtigkeit Gottes aufgefordert werden konnte, Ihn aus dem Tode herauszubringen. Das geschah in Seiner Auferstehung.
R. W. D.
Antwort C
Gegenwärtige Frage hängt wesentlich mit der Frage des Sündentragens zusammen, weil der Tod mit Sünde zusammenhängt. Der Tod ist durch die Sünde in die Welt gekommen und ist zu allen Menschen hindurchgedrungen, weil sie alle gesündigt haben (Röm. 5,12). Der Tod ist der Lohn der Sünde (Röm. 6,23). Sünde ist also die Voraussetzung für den Tod. Darum hatte der Teufel die Macht des Todes über den Menschen (Hebr. 2,14). Aber eben darum konnte er sie auch nur da haben, wo Sünde war, auf keinen Fall aber da, wo es solche nicht gab. Deshalb hatte der Tod kein Anrecht auf den Leib des HERRN in Gethsemane, und hatte der Teufel keineswegs die Macht des Todes über Ihn, denn in Gethsemane hatte Er nichts zu tun mit Sünde. Wie zu der Frage über das Sündentragen dargelegt worden ist, hat der Herr Jesus erst am Kreuze - nie vorher - die Sünden getragen, und da allein war es, wo Er „die Sünde der Welt trug” und „für uns zur Sünde gemacht” wurde (Joh. 1,29 und .2. Kor. 5,21), nicht in Gethsemane. Die Lehre, wie ich sie kürzlich hörte und las, der Herr Jesus habe in Gethsemane „den Tod verschlungen” und damit die Sünde in Sich aufgenommen (das sei das „zur Sünde gemacht”-Sein), um sie dann in Seinem Leibe auf das Holz hinaufzutragen, ist zum mindesten ein schweres Mißverstehen der dieser Lehre zugrunde gelegten Schriftstellen. Wenn wir Jes. 25 lesen, wo es in V. 8 heißt: „Den Tod verschlingt Er auf ewig”, so finden wir, dass es sich hierbei um das Reich handelt, in welchem nicht mehr der Tod, sondern das Leben herrschen wird; lesen wir 1. Kor. 15,54: „Verschlungen ist der Tod in Sieg”, so wissen wir, dass es sich auf die Auferstehung und Verwandlung der Gläubigen bezieht, wie ja der ganze Zusammenhang und im besonderen die Worte klar zeigen: „Wenn aber dieses Verwesliche Unverweslichkeit anziehen und dieses Sterbliche Unsterblichkeit anziehen wird, dann wird das Wort erfüllt werden ...” usw. Also in beiden Fällen bezieht sich das Wort vom Verschlingen des Todes überhaupt nicht auf den Herrn Jesus in Seinem Leben hienieden. Auch ist der Tod und die Sünde nicht eine Sache, die der Herr Jesus in Sich aufnahm, sondern Er trug oder nahm weg die Sünde der Welt dadurch, dass Er am Kreuze das göttlich-vollkommene Sühnopfer war nicht allein für die Sünden der Erlösten, sondern auch für die Sünde in ihrer Natur, von der alle Menschen durchdrungen und alle Dinge, „es seien die Dinge auf der Erde oder die Dinge in den Himmeln” (Kol. 1,20), verunreinigt sind; und „für uns zur Sünde gemacht” wurde Er, indem Er am Kreuze unsere Stelle einnahm, nicht nur in bezug auf unsere Sünden, sondern auch in bezug auf unseren ganzen sündigen Zustand! Das geschah aber nicht in Gethsemane, sondern erst am Kreuze, wie auch in den alttestamentlichen Vorbildern durch das Händeauflegen auf das Opfer deutlich gezeigt wird. Durch das Händeauflegen wurde das Opfer erst zum Stellvertreter des Opfernden, und dieses Händeauflegen geschah immer erst am Eingang des Zeltes der Zusammenkunft, beim Opferaltar, unmittelbar vor dem Schlachten (s. 3. Mose 1,4; 3,2.8.13; 4,4.15.24.29.33). Der Herr Jesus hat also nicht in Seinem Leibe die Sünde auf das Holz hinaufgetragen. Erstens nicht „in”, weil es nicht zutrifft, wie vorstehend dargetan, und auch gar nicht so zu übersetzen ist; dann aber auch nicht „die Sünde”, denn das Wort spricht an jener Stelle ausdrücklich von „unseren Sünden” - das ist doch ein großer Unterschied -, und endlich auch nicht „auf das Holz hinauf”, weil dies weder der Tatsache entspricht noch dem Urtext, wie schon bei Beantwortung der Frage über das Sündentragen klargelegt worden ist. Wie also hätte der Satan versuchen können, den Herrn Jesus in Gethsemane zu töten, wenn Sünde, die Voraussetzung des Todes, nicht vorhanden war? Dann hatte er auch nicht die Macht des Todes dem Herrn Jesu gegenüber - ja, gar keine Macht. Der Herr Jesus war der Stärkere, der ihn, den Starken, besiegt hatte (Mt. 12,28.29), und Er hatte „Gewalt über die ganze Kraft des Feindes”, und zwar so vollkommen, dass Er diese Gewalt sogar Seinen Jüngern geben konnte (Lk. 10,17-19), und Er, nicht der Satan, hatte Gewalt über Sein Leben, so dass Er sagen konnte: „Niemand nimmt es von Mir, sondern Ich lasse es von mir Selbst. Ich habe Gewalt, es zu lassen, und habe Gewalt, es wiederzunehmen” (Joh.10,18). Deshalb ist es auch völlig unzutreffend, wenn in Hebr. 5,7 „von dem Tode aushelfen” übersetzt wird und diese Stelle auf Gethsemane bezogen wird. Wie ein Griechisch kennender Bruder mir erklärt hat, bedeutet das betreffende Wort, welches in manchen Übersetzungen mit „von” übersetzt ist, in erster Linie „aus”, wiewohl es auch „von” heißen kann, je nach dem Sinne, der in Betracht kommt. Dieses Wörtchen ist also nicht das, was entscheidend ist, sondern der Sinn, der aus dem Zusammenhang sich ergibt. In dieser Beziehung nun zeigen uns V. 9 und 10 ganz deutlich, dass es sich bei der Erhörung in V. 7 um die Auferstehung handelt, also nicht etwa der Herr Jesus in der Gefahr war, in Gethsemane den Tod zu erleiden und Gott Ihn von diesem Tode errettete, sondern dass der Herr Jesus durch die Auferstehung aus dem Tode errettet wurde, in den Er am Kreuze ging; das war die Erhörung. - Es ist also völlig haltlos und gegen das Wort Gottes, wenn gesagt wird, der Kelch, von dem der Herr Jesus in Gethsemane sprach, sei der Tod von der Hand Satans gewesen, der Ihn dadurch habe hindern wollen, die Erlösung am Kreuze zu vollbringen; weil nun aber der Herr Jesus nicht in Gethsemane habe sterben wollen, sondern am Kreuze, habe Er zu Gott gefleht, Er möge diesen Kelch an Ihm vorübergehen lassen, und Er sei erhört worden. Nach der Meinung der Anhänger dieser Lehre gab es zwei Kelche für den Herrn Jesus; das Wort Gottes redet aber nicht so. Der Kelch, von welchem der Herr Jesus in Seinem Gebet spricht, war der Kelch des Kreuzes und kein anderer. Was für einen Sinn hätten sonst die Worte des Herrn Jesu: „... wenn es möglich ist ...”? In Gethsemane gab der Vater dem Sohne diesen Kelch gleichsam in die Hand. Deshalb sagte der Herr Jesus dann zu Petrus: „Den Kelch, den der Vater mir gegeben hat, soll ich den nicht trinken?” Ja, Er hat ihn getrunken - am Kreuze!
Der „ringende Kampf” in Gethsemane (Lk.22,44) war kein „Todeskampf”, wie manche gelehrte (und auch ungelehrte) Schriftausleger das griechische Wort „Agonia” durchaus nur verstanden haben wollen. Es war entschieden kein Todeskampf im wahren Sinne, erstens weil der Tod für den Herrn Jesus in jener Stunde nicht in Frage kam, und zweitens, weil das Wort ausdrücklich sagt, dass Er gerade in diesem Kampfe heftiger betete; im Todeskampfe aber betet niemand, das ist gänzlich ausgeschlossen! Es zeigt uns aber die Schrecklichkeit des Kelches für den Herrn Jesus, die unfaßbare Schwere des Erlösungswerkes, wie wir sie ohne Gethsemane nie würden sehen können. Darum ist Gethsemane uns so kostbar, und was unser Auge dort schaut, erfüllt unsere Herzen mit tiefster Ehrfurcht und Anbetung. Aber nur der Geist Gottes vermag uns diese Dinge aufzuschließen, und nur der Glaube vermag etwas davon zu verstehen. Der menschliche Verstand versagt hier völlig; ja nicht nur das, sondern er geht ganz und gar irre und bringt Dinge hervor, die nicht nur dem Worte Gottes ganz entgegen sind, sondern auch die herrliche Person des HERRN herabziehen und verunehren! Dies geschieht in weitestem Umfange - wenn auch unbeabsichtigt von den Betreffenden - durch die Lehre, die in der im vorstehenden behandelten Frage zum Ausdruck kommt. Einfalt und Unterwürfigkeit des Herzens und die Kenntnis der Person des Herrn Jesu ist es, was wir brauchen, um das Wort Gottes zu verstehen und vor Irrtum bewahrt zu bleiben durch Seine Gnade. „Der HERR wird dir Verständnis geben in allen Dingen. Halte im Gedächtnis Jesum Christum ...” (2, Tim. 2,7.8). Ja, möchten wir Seine Person mehr und mehr erkennen, denn Er ist die Wahrheit! Wie kostbar, dass Er es ist!
Th. K.
Antwort D
Den HERRN, den „Urheber des Lebens” (Apgsch. 3,15) töten? Wo gab es eine Macht im Himmel oder auf Erden, die Ihn entgegen Seinem Erlauben und Willen - entgegen den Schriften, entgegen dem bestimmten Ratschlusse Gottes, hätte zu töten vermocht?! Er Selbst sagt: „Niemand (auch der Teufel nicht) nimmt es von Mir, Ich lasse es von Mir Selbst. Ich habe Gewalt, es zu lassen ... Solches Gebot habe Ich von Meinem Vater empfangen” (Joh. 10,18). Die Juden waren die „Mörder” des HERRN (Apgsch. 7,52), aber sie konnten es nicht früher werden, bis Er es zuließ. Die Zeit und Stunde des Lebenlassens hing von Ihm ab (Joh. 7,30 und 17,1), und Seine Stunde war in Übereinstimmung mit dem bestimmten Ratschluß Gottes und mit den Schriften (Mt. 26,54). Sein Sterben hing nicht vom Ringen und Überwinden des Todes ab (nirgends sagt die Schrift so etwas!), sondern von Seinem Willensentschluß. „Ich lasse es (das Leben) von Mir Selbst.” Er überließ Sich den Händen Seiner Mörder, Er ließ es zu, ihren Haß bis zum Tode auszuführen.
Wie können solche Gedanken in der Schrift gefunden werden, da Er das Ende schon vom Anfang sah (Jes. 46,10)! Er Selbst sagt, dass Er alles wußte, was über Ihn kommen würde (Joh. 18,4). Er Selbst weist hin, dass Er, am Kreuze erhöht (aber nicht in Gethsemane), sterben muss (Joh. 3,14 und 12,32.33). Er Selbst zeigt uns Joh. 18,11, dass Er in dem Kelche den Kreuzestod sieht. Jene Worte und Gedanken sind nicht nur völlig haltlos gegenüber der Schrift, sie sind auch entehrend für den HERRN, da Ihm dadurch Zweifel und Unglauben beigelegt wird, sie schließen für den HERRN die Möglichkeit des Hinfallens der Schrift und der Ratschlüsse Gottes in sich. „In den Staub des Todes legst Du Mich” (Ps. 22,15), aber nie konnte es in die Seele des HERRN kommen, dass der Satan dies zu tun vermochte. Er Selbst sagt: „Die Schrift kann nicht gebrochen werden”. Abgesehen von vielen anderen Beweisen sollte schon das obige genügen, die Schriftwidrigkeit solcher Lehre zu erkennen. lasst uns „acht haben auf die Lehre und die gesunden Worte”. (1. Tim. 4,16; 2. Tim. 1,13.)
v. d. K.
Anmerkung des Herausgebers
Nein, diese Annahme ist wahrlich nicht begründet, sie ist weiter nichts als Philosophie der Menschen, eins der vielen Menschenfündlein, durch die Satan die Ehre des Herrn Jesu zu schmälern sucht bei denen, denen eigentlich nichts kostbarer sein sollte als die Person des HERRN, nämlich bei Seinen bluterkauften „Genossen” (Hebr. 3,14), die Ihn besser kennen sollten!
Es ist erschütternd ernst und betrübend, dass gewisse falsche Übersetzungen einiger Worte der Schrift, die hierauf Bezug haben, immer wieder weitergetragen werden, statt dass man um der Ehre des HERRN und um des ganzen Schriftzeugnisses willen endlich einmal aufräumt mit diesen haltlosen Deutungen. Zu diesen falschen Übersetzungen gehört die von Lk. 22,44, worauf in einer Antwort schon hingewiesen ist. Hier heißt es in einigen Übersetzungen: „... als Er mit dem Tode rang”. Diese Übersetzung (die übrigens weder die Elberfelder noch die Miniaturbibel noch Dr. Wiese u. a. haben!) hat gar nichts für sich, aber sehr viel gegen sich. Das Wort άγωνία (Agonia) ist durchaus nicht gleichbedeutend mit dem, was man heute unter „Agonie” versteht, es bedeutet weder „Kampf mit dem Tode” noch auch im allgemeinen „Todesangst” (wie leider u. a. die Miniaturbibel sagt!). Das Wort kommt im Neuen Testament nur einmal vor, so dass seine Bedeutung aus anderer griechischer Literatur erklärt werden muß. Es steht u. a. dreimal im apokryphischen 2. Makkabäerbuch, wo es auch von Luther nie im Sinne von „Kampf mit dem Tode” oder auch nur „Todesangst” übersetzt wird: 3,14 „große Aufregung” (Luther: „großer Jammer”); 3,16 „Seelenangst” (so auch Luther); 15,19 „große Aufregung” (Luther: „Unruhe”), Es ist „Seelenkampf” oder „Seelenangst” in unserer Stelle; es bedeutet die Angst Seiner Seele, in der Sich der Herr Jesus als vollkommener Mensch befinden musste im Blick auf den Kelch, den Er am Kreuz trinken sollte.
Dieser Kelch - die Schrift redet nicht von mehreren Kelchen! - sollte nicht in Gethsemane getrunken werden;
vielmehr war nach Joh. 18,11 der Kelch noch zukünftig. Darum ist der Kelch nicht der Tod in Gethsemane, sondern das mit dem Gericht über die Sünde verbundene von Gott Verlassensein des Herrn Jesu (am Kreuz). Dies stand vor Ihm, der nie bis dahin von Gott verlassen gewesen war. In Gethsemane stand der vollkommene Sohn des Menschen in dem Grauen, der Angst der Vorempfindung des Kelches, der auf Golgatha getrunken werden sollte. In Gethsemane sah der HERR den Kelch, auf Golgatha trank Er ihn. Die Schrift hätte ja gebrochen werden müssen, wäre es anders gewesen! Oder wenn wir annehmen sollen, der Herr Jesus (der „alles wußte”!) habe gefürchtet, in Gethsemane sterben zu können, so hätte Er jedenfalls haben denken können, dass die Schrift gebrochen werden könnte! Wie entsetzlich - solche Gedanken! Welche Entehrung des HERRN! Wie kann ein Gläubiger wagen, derlei auszusprechen? Zittert er nicht vor der Majestät des HERRN? Ist die Person des Herrn Jesu ihm nicht zu heilig, um solche Gedanken über Ihn zu hegen oder gar zu verbreiten?! Sie sind ein Antasten - wenn auch unwissentlich - der vollkommenen Gottheit des HERRN!
Aber man geht noch um mit falschen Übersetzungen einer anderen Stelle. Häufig kommt man zu solchen Übersetzungen nur durch eine verkehrte Anschauung. Ist die Anschauung schriftwidrig, dann gar oft auch die darauf aufgebaute Übersetzung, da einzelne griechische Worte eine mehrfache Übersetzung zulassen und die rechte erst aus dem ganzen Schriftzusammenhang gesehen werden kann.
Diese Stelle ist Hebr. 5,7. Nun sei es gleich gesagt: von den mehreren möglichen Deutungen, je nachdem nämlich wie das Wort εύλαβείαübersetzt wird, stützt keine die in unserer Frage aufgeworfene Meinung!
1. Das Wort άπό (apo) heißt in erster Linie „von”; das Wort εύλαβεία (Eulabeia) heißt oft „Furcht”, so z. B. in Hebr. 12,28. Dann heißt die Stelle: „Er wurde erhört” - nämlich durch Befreiung - „von der Furcht” (dem Grauen). Im Falle wir diese Übersetzung annehmen, bestand die Erhörung in der Stärkung durch den Engel.
2. άπό (apo) kann aber auch gut heißen „infolge von” und εύλαβεία (Eulabeia) „Frömmigkeit” („Ehrfurcht”).
Dann ist die Rede von einer Erhörung „um der Frömmigkeit willen” oder infolge der Frömmigkeit.
3. έκ θανάτου (ek thanatou) heißt wörtlich „aus dem Tode”. Alle die Versuche, hier zu übersetzen „vom Tode”, weil έκunter Umständen „von” heißen könne, gehen von den verkehrten Voraussetzungen aus, als habe der Herr Jesus nach Lk. 22,44 tatsächlich mit dem Tode zu kämpfen gehabt. Eine falsche Übersetzung zieht die andere nach sich. Entleert man das Kreuz, den Zentralpunkt unserer Errettung, so muss man natürlich Gethsemane auch falsch bewerten. - Nein, es handelt sich um Errettung aus dem Tode. Es steht übrigens nicht einmal da, dass der HERR um Rettung aus dem Tode gebetet habe, sondern dass Er „Bitten und Flehen Dem dargebracht habe, der Ihn aus dem Tode zu erretten vermochte”. Warum mehr herauslesen als dasteht?! Die Erhörung ist, wenn sie auf diese Bitten bezogen wird, die Auferstehung, die Aussauferstehung” (vgl. Phil.3,11; Mk. 9,10!!); hierzu beachte man auch V. 9 u. 10! Der Herr Jesus ist also aus dem Tode errettet worden in Seiner Auferstehung; Er wurde um Seiner Frömmigkeit willen erhört; oder, wenn man will, die Erhörung bezog sich auf das Grauen.
Die Deutung, als habe Er um Errettung vom Tode in Gethsemane gebetet, schließt die Annahme in sich, der Herr Jesus habe denken können, Sein Lebenswerk bliebe vielleicht vergeblich! Denn, wurde Er nicht erhöht ans Fluchholz (Joh. 3,14.15), so war Sein Leben und Leiden tatsächlich nutzlos geblieben! Wir sagen noch einmal: wie ist es möglich, solche Gedanken über den HERRN zu hegen! Oder haben die, welche obige Lehren verbreiten, vielleicht nie daran gedacht, was für Folgerungen sie in sich schließen?! Es wäre eine, wenn auch nur schwache Entschuldigung für sie.
Wir bitten die von unseren teuren Lesern, die bisher solchen verkehrten, den HERRN entehrenden menschlichen Meinungen gefolgt sind, diesen Boden der Weltweisheit (Philosophie) um der Ehre des hochgelobten Namens des Sohnes Gottes willen, über die der Vater wacht („der richtet”, Joh. 8,50), zu verlassen und sich der Schrift unterzuordnen sowie der Belehrung durch den Geist der Wahrheit, der Christum verherrlicht, weil Er's von dem Seinen empfängt und uns verkündigt (Joh. 16,14). Wir können nicht hoch und erhaben genug denken und reden von der Person (und dem Werk) Dessen, in dem „die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig wohnt” (Kol. 2,9). Gepriesen sei Sein Name!