Wird der Tempel wieder aufgebaut?

1. Wird nach bestimmten Schriftstellen der Tempel wieder gebaut werden? Wenn ja, nach welchen? 2. Wird im 1000jährigen Reiche der Tempel sein? Wenn ja, unter welchen Kennzeichen zu den früheren - bzw. zu 1. hieroben?

Antwort

Zu 1. Eine Schriftstelle, die dem Buchstaben nach sagt, dass der Tempel in der Zeit zwischen seiner Zerstörung durch die Römer und dem Wiederkommen Christi gebaut werden würde, gibt es m. W. nicht. Wohl aber sind Schriftstellen da, die die Tatsache als Folgerung an die Hand geben.

In 2. Mo. 15,13 ist in Verbindung mit der Befreiung des Volkes aus der Macht des Pharao die Rede von der heiligen Wohnung Jehovas, zu welcher Er das Volk geführt habe, so als ob die Wohnung schon vorhanden wäre. Im 17. Verse wird dies ausdrücklich festgestellt: „Du wirst sie bringen und pflanzen auf den Berg Deines Erbteils, die Stätte, die Du, Jehova, zu Deiner Wohnung gemacht, das Heiligtum, HERR, das Deine Hände bereitet haben.” Der natürliche Eindruck hiervon ist: Nach den Gedanken Gottes gibt es für Ihn als eine Ihm stets gegenwärtige Sache, ob sie materiell existiere oder nicht, die heilige Wohnung, den heiligen Berg, die Stätte, die Er zu Seiner Wohnung gemacht, das Heiligtum, welches Seine Hände bereitet haben; vorausschauend bereitet durch David, 1. Chr. 29,2; gebaut, gemacht durch Salomo, 2. Chr. 3,8; 6,2, und zwar, wie Salomo sich in letzterer Stelle ausdrückt, zu Jehovas Sitz für Ewigkeiten, worin wiederum der oben ausgedrückte Gedanke liegt: Für Jehova ist das Haus eine für Ihn stets vorhandene Sache. Wie wenig die Zeitabstände da eine Rolle spielen, zugleich wie des Menschen Sünde und Gottes Stellungnahme dazu in Gericht und Gnade die Ausführung Seiner Gedanken herbeiführen, zeigt die in 2. Sam. 24 und 1. Chr. 21 berichtete Sünde Davids durch die Volkszählung. Das Resultat davon war, dass die Wohnung Jehovas auf der Erde, deren heilige Stätte, auf den Berg zu stehen kam, wo einst Isaak im Bilde als Vorbild des wahren Lammes Gottes geopfert worden war. Opfern und räuchern war auch der eigentliche Zweck, zu dem das Haus erstellt wurde, 2. Chr. 2,4. Man nehme zusammen 1. Chr. 22,1; 2. Chr. 3,1; 1. Mo. 22,2; 2. Mo. 15,13 und urteile: Ist der Tempel Jehova-Gottes nicht etwas Immerexistierendes? Wie ist es da auf dieser Linie liegend, dass Jehova nach vollzogenem Gericht an Seinem Volke, an Seiner Stadt und an Seinem Hause nach Ablauf eines Kreislaufs von 10mal 7 Jahren von Sich aus für den Wiederaufbau Seines Hauses sorgte, dadurch, dass Er den Geist des Perserkönigs Kores-Cyrus erweckte, der durch seinen Erlass den Zurückkehrenden den Weg dazu frei machte: Jer. 25,11.12; Dan. 9,2; 2. Chr. 36,22.23; Esra 1,1-4. Und als die Bauenden in ihrer Arbeit säumig wurden und sie einstellten, führte Jehova ihnen durch schlechte Ernteergebnisse und diesbezügliche Hinweise das Niederträchtige ihrer Handlungsweise durch den Propheten Haggai zu Gemüte und erweckte ihren Geist, dass sie die Arbeit wieder aufnahmen und zu Ende führten. Er ist immer drauf aus, dass der Tempel da sei. Siehe den Propheten Haggai, insbesondere Kap. 1,4.14. Mochte der Bau armselig aussehen im Vergleich zum ersten Tempel, 2,3, es war Sein Haus: Sein Herz war da, hing an Seinem Hause. Begreifen wir von da aus die Eifersucht, mit der Er, als Er in der Person des Sohnes in ihre Mitte getreten war, über die Heiligkeit Seines Hauses wachte, indem Er die Ochsen-, Schafe-, Taubenverkäufer und Geldwechsler daraus verwies, Mt. 21; Mk. 11; Lk. 19 und Joh. 2? Die Jünger begriffen diesen Eifer, wie Johannes das berichtet, Kap. 2,17; sie dachten an Ps. 69,9: „Der Eifer um Dein Haus verzehrt Mich.” Wobei wir bedenken müssen: Durch David, den Psalmisten, redete der Geist Jehovas: 2. Sam. 23,2, ein weiterer Beweis für das gar nicht hoch genug einzuschätzende Interesse, das Gott-Jehova-Jesus an Seinem Hause hat, wenn Er Seinem Interesse und Seinem eifersüchtigen Wachen über dasselbe dergestalt schon Ausdruck gibt, ehe es nur gebaut ist. Denn das Haus war noch nicht gebaut, als David den 69. Psalm dichtete. Der armselige Tempel der aus Babylon Zurückgekehrten wurde von Herodes dem Großen Stück für Stück umgebaut zu einem mit verschwenderischem Luxus ausgestatteten Gebäudekomplex. Ist nun das Interesse Gottes an Seinem Tempel nach dessen Zerstörung durch die Römer mit einem Male erloschen? Das können wir nach dem bisher Festgestellten nicht denken.

Eine Zwischenbemerkung ist notwendig, ehe wir weitergehen. - Er hatte schon vorher und hat seither einen Tempel anderer Art. Wie aus Joh. 2,19-22 hervorgeht, war der heilige Leib Jesu, wir werden sagen dürfen durch den bei Seiner Taufe auf Ihn in leiblicher Gestalt wie eine Taube gekommenen Heiligen Geist, Lk. 3,22, der Tempel, neben dem noch bestehenden, aber der Zerstörung anheimgegebenen materiellen. Seit der Ausgießung des Heiligen Geistes am Tage der Pfingsten ist die Ekklesia, die Versammlung oder Gemeinde, der Tempel Gottes, wie uns zur Genüge bekannt ist: 1. Kor. 3,16.17; 6,19; 2. Kor. 6,16; Eph. 2,21. In eben diesen Stellen tut sich dieselbe Eifersucht Gottes über die Heilighaltung dieses geistlichen Tempels kund. Nachdem der letzte lebendige Stein eingefügt ist, wird Christus Seine Ekklesia von der Erde weg zu Sich nehmen, das ist ja heute eine wohlbekannte Wahrheit.

Nun ist Raum da auf der Erde, dass der Tempel Gottes wieder ein materieller sein kann. „Wird er wieder gebaut werden?” wird gefragt. Wir können ohne weiteres antworten: Wenn ein irdisches Volk da ist, dann wird auch der Tempel da sein. Dass die Juden ins Land der Väter zurückkehren, erleben wir jetzt schon. Dass sie es zu einer Volksgemeinschaft bringen werden, ist uns aus der Schrift gewiß. Und dass sie den Tempel bauen werden, ist uns ebenfalls gewiß, weil die Schrift sein Vorhandensein voraussetzt, ohne zwar von seinem Gebautwerden zu sprechen; und das wohl deshalb nicht, weil der Anlass zum Bau in ihrem Rassebewußtsein und Nationalstolz liegt und nicht in göttlicher Anweisung. Gott erkennt auch diesen Tempel an, obwohl er durch ein Götzenbild entweiht werden wird, Dan. 12,11 und Mt. 24,15, wie einst Antiochus Epiphanes zur Zeit der Makkabäer den damaligen Tempel schändete, Dan. 11,31. Aus Gründen der Raumersparnis seien außer den zwei Stellen in Daniel 12 und Mt. 24 noch folgende beweisende Stellen, die man nachlesen wolle, nur angeführt: Jes. 66,1.6 und Mal. 3,1.2. Frage: Existierte nicht der Tempel Salomos zur Zeit Jesajas? Wenn „ja”, dann muss der, von dem hier die Rede ist, ein noch zu bauender sein. Maleachi 3,1 hatte eine Vorerfüllung dadurch, dass der HERR in Jerusalem und in den Tempel einzog; die endgültige Erfüllung mit dem in Vers 2 angedrohten Gericht steht noch aus. Ps. 74,3-7; 79,1.7; Sach. 14,2: Der von der jüdischen Volksgemeinschaft zu erbauende Tempel wird in dem ausbrechenden großen Konflikt der Mächte, die Palästina zum Kriegsschauplatz machen, samt dem größten Teil der Stadt wieder zerstört werden. Daniel 11,36ff. spricht besonders deutlich von diesen Geschehnissen (Vers 36: der König, nämlich der jüdische, der „Gesetzlose” von Hes. 21,30 und 2. Thess. 2,3.4), aber auch Jesaja, z. B. 28,14-21; 29,1-8. Man muss sich durch eingehendes Studium der Propheten und Psalmen klargeworden sein, dass der Geist Gottes in den Propheten und Psalmdichtern die Zeit des Endes mit der Zeitgeschichte der jeweiligen Schreiber verknüpft. Dass das so gut bei einem Asaph oder Heman der Fall war wie bei David und den Propheten, bezeugt die Schrift deutlich: 1. Chr. 25,1-7. Wie die wechselvolle Geschichte der zu verschiedenen Zeiten gebauten Tempel für Gott immer nur die eine Geschichte des Tempels ist, so ist auch das Wechselvolle in der Geschichte Seines Volkes für Ihn nur die Geschichte im Zusammenhang, Anfang und Ende aneinandergereiht und ineinander verflochten. Das müssen wir erkennen lernen. Seit der Verwerfung des Messias klafft eine Lücke in der Geschichte des Volkes bis zur Zeit des Endes, so dass die eigentliche Geschichte erheblich zusammenschrumpft und Anfang und Ende gar nicht so weit auseinanderliegen.

Zu 2. Ja, der Tempel wird sein im 1000jährigen Reiche, erbaut durch den Messias, den König Selber, genau wie Sein Vorbild, Salomo, den Tempel baute. Selbstverständlich baut keiner von beiden eigenhändig. Dazu sind die Werkleute da. Sach. 6,12.13 sagt, wer der Bauherr ist: der Sproß, der schon in Kap. 3,8; in Jes. 4,2 und 11,1; in Jer. 23,5 und 33,15 genannt wird. Sach. 6,15 sagt, wer die Werkleute sein werden: Entfernte, Fremde; wie solche auch die Mauern des zukünftigen, aus der Asche wieder erstehenden Jerusalems bauen werden, Jes. 60,10, und wie Salomo Fremdlinge zum Tempelbau verwendete, 2. Chr. 2,17.18. Die Entwürfe zum Bau stammen von dem göttlichen Architekten Selber samt den Vorschriften für den Tempel- und Opferdienst, Hes. 40 - 47,12, genau wie David zum salomonischen Tempel die Entwürfe, Muster, Maße usw. durch den Geist und durch Schrift empfing, 1. Chr. 28,11.12-19, und Mose auf dem Berge das Muster für die Hütte und für alles, was er machen sollte, Hebr. 8,5 = 2. Mo. 25,40; denn die Hütte war auch schon „der Tempel” Jehovas: 1. Sam. 1,9. Weitere Stellen, die von dem Dasein des Tempels im 1000jährigen Reiche reden, unter Hinweis auf das oben über die prophetische Redeweise des Geistes in den Propheten und Psalmen Gesagte: Jes. 2,3 = Micha 4,1.2; Jes. 18,7; 60,13; 66,20; Hes. 37,26; 43,1-6.7.9; 47,1.2; Sach. 14,16-20.21; Mal. 3,3.4; Ps. 48,9; 65,4; 66,13; 76,2; 84,1-4.10; 92,13; 96,8.9; 100,4; 122,1.9; 134,2; 150,1.

Unter welchen Kennzeichen im Verhältnis zu den früheren Tempeln dieser neue Tempel da sein wird?” - Er wird zwar für den eigentlichen Tempelraum, Heiliges und Allerheiliges, die gleichen Maße wie der salomonische Tempel aufweisen, d. i. die doppelten der Stiftshütte (Hes. 41,34 = 1. Kön. 6,2 = 2mal die Maße von 2. Mo. 26,15-25), wird aber in Verbindung mit der Neueinteilung des Landes (Hes. 45,1-8; 47,13 - 48,29), mit veränderten Opfer- und Festzeitenbestimmungen (45,18 - 46,15) für ewig, solange diese Erde Bestand hat, die Wohnstätte Jehovas sein, welcher dann „der Gott der ganzen Erde” genannt werden wird, nicht mehr nur „der Gott des Himmels”. „Die gewissen Gnaden Davids”, Jes. 55,3, werden ihre Erfüllung finden; der Neue Bund (Jer. 31,31-34), auf Grund des Blutes des Ewigen, eben dieses Neuen Bundes (Hebr. 13,20; Mt. 26,28; Lk. 22,20; Jer. 32,40; Hes. 37,26; Sach. 9,11) wird eingeweiht werden; und was seit Moses Tagen verheißen, aber nicht gegeben war, nämlich ein Herz, um zu erkennen, Augen, um zu sehen, Ohren, um zu hören (5. Mo. 30,6; 29,4), wird ihnen werden. (Jer. 24,7; Hes. 36,24-28) Dies und manches andere, das anzuführen zu weit führen würde, steht mit dem Tempel des Reiches in Verbindung. Einige Beispiele: Es ist nicht mehr die Rede von einem Hohenpriester, nur von Priestern, in den Kapiteln 40-48 Hesekiels; Jesus, der Messias, ist der Melchisedek = König und = Priester; da ist kein Raum für einen Hohenpriester; es ist keine Rede von Gold und Silber an diesem Tempel; es sind keine Symbole (Gold = Gottesgerechtigkeit, und Silber = Gottesgnade in Erlösung) mehr nötig wie bei der Stiftshütte und bei Salomos Tempel: Die Wirklichkeit ist an die Stelle der Symbole getreten. Wenn sie auch verwendet werden, so stehen sie doch nicht als solche in der Beschreibung. Es gibt kein tägliches Abendopfer mehr wie früher, nur ein Morgenbrandopfer: vgl. 4, Mo. 28,3.4 mit Hes. 46,13-15; weil Jes. 60,19.20 da ist: Es gibt keine geistliche Nacht mehr für Israel, welcher halber in der Stiftshütte und in Salomos Tempel die Lampe brennen mußte; in Hesekiels Verordnungen ist von keinem Leuchter mehr die Rede! Es gibt keinen Versöhnungstag mehr am 10. Tag des 7. Monats, 3. Mo. 23,27, mit den charakteristischen zwei Böcken, 3. Mo. 16,5-10.15-17.20-22. Dafür gibt es die Entsündigung des Heiligtums durch das Blut eines jungen Farrens am ersten Tage des ersten Monats. Früher galt: „Und den Farren des Sündopfers und den Bock des Sündopfers, deren Blut hineingebracht worden ist, um Sühnung zu tun im Heiligtum, soll man hinausschaffen außerhalb des Lagers und ihre Häute und ihr Fleisch und ihren Mist mit Feuer verbrennen.” (3. Mo. 16,27) Dann gilt: „Darum hat auch Jesus, auf dass Er durch Sein eigenes Blut das Volk heiligte, außerhalb des Tores gelitten.” (Hebr. 13,12) Dies Geheiligtsein durch das ein für allemal geschehene Opfer des Leibes Jesu Christi, welches gegenwärtig für uns Tatsache ist, wird dann Tatsache für das Volk sein, so dass das Jahr beginnen kann mit einer einfachen Entsündigung des Heiligtums. Auch kein Fest der Wochen, kein Pfingstfest, wird mehr gefeiert werden, weil das Gegenbild des Vorbildes, die Ekklesia, ihrer Bestimmung, der Teilhaberschaft an der Herrschaft des Christus, zugeführt worden ist. Kurzum: Mit dem Tempel des Reiches ist die ganze in Israel und auf der Erde geoffenbarte Herrlichkeit Gottes verbunden; was von Anbeginn an von Gott ins Auge gefaßt war, ist in endgültiger Form in Verbindung mit dem Tempel, der gleich zu Anfang in der Stiftshütte dargestellt war, da zu Seiner Verherrlichung.

Mit dem ohne Seinen Auftrag gebauten Tempel der ungläubigen Juden, obwohl derselbe anerkannt wird, hat dieser Tempel nichts gemein.
F. Kpp.


Beantwortet von: Team Handreichungen
Quelle: Handreichungen - Band 21 (1936)