Antwort A
In diesen zwei Stellen ist nicht die Rede von einem und demselben Lauf, sondern von zweien, welche nicht gleichzeitig stattfinden können und durch ihre Ziele und Beweggründe gar verschieden gekennzeichnet werden; daher der zwischen ihnen vorliegende Gegensatz.
In Röm. 9,16 handelt es sich um einen Lauf zum Erlangen der Gerechtigkeit, wie der Israels (9,30.31; 10,3). Ein solcher Lauf nützt nichts, ja verstockt, denn der Vorsatz Gottes ist nach Auswahl, nicht aus Werken, sondern aus dem Berufenden (9,11), sonst ist die Gnade nicht mehr Gnade (11,5-7). Ja, es liegt nur an dem begnadigenden Gott, der den Reichtum Seiner Herrlichkeit an Gefäßen der Begnadigung kundtut (8,29.30; 9,23).
Der Lauf nach 1. Kor. 9,24 aber ist nicht ein Versuch, ein Streben nach der Gerechtigkeit, sondern eine Frucht, eine Wirkung der Gerechtigkeit, welche die Korinther, „berufene Heilige” (1,2) schon hatten (1,30). Der Preis dieses Laufes ist nicht die Gerechtigkeit, sondern die Krone der Gerechtigkeit (2. Tim. 4,7.8) ist deren Belohnung. Da aber die Kraft zu diesem Lauf nicht von dem Laufenden gewirkt werden kann, sondern nur von der Gnade Gottes (1. Kor. 15,10; Eph. 3,20; Phil. 2,13), geschieht die Belohnung „zum Preise der Herrlichkeit Seiner Gnade” (Eph. 1, 5.7.12), und: „Wer sich rühmt, rühme sich des HERRN!”
Geschwister, laufen wir? (Off. 22,10-12.)
R. W. D.
Anmerkung des Herausgebers
Obwohl der Einsender dieser Frage dieselbe später Zurücknahm, da sie ihm keine Schwierigkeiten mehr mache, möchten wir unseren Lesern die einzige darauf eingegangene Antwort doch nicht vorenthalten im Hinblick auf Frage 12, die hier ja ebenfalls mitbeantwortet wird.
Manche scheinbare Schwierigkeit in der Schrift wird leicht gelöst, wenn man streng auf den Zusammenhang achtet, in dem an sich gleichlautende Worte und Begriffe stehen.
Ja, nochmals die Frage an uns alle: Laufen wir? Nicht um errettet zu werden - wenn etwa jemand, der dies liest, noch nicht errettet sein sollte! - das Heil erlangen wir nicht durch eigene Bemühungen, der HERR sei dafür gepriesen! Er hat's bereitet in Christo für den, der da glaubt! (Röm. 3,20-28) Nein, laufen wir in der Rennbahn, d. h. als Menschen, die, ein für allemal errettet, nun auch kein Ziel mehr kennen als Ihm, der uns errettet hat, wohlgefällig zu dienen, wie Paulus tat? „Laufet also!” Wie sollen wir laufen? Mit Selbstverleugnung, Enthaltsamkeit, Treue - Paulus ist uns ein wunderbares Vorbild darin! - als Menschen, die nicht nur das Ziel kennen, sondern die auch nicht mehr hängen bleiben an den Dingen dieser Welt, sich nicht mehr durch dieselben berauschen lassen, wodurch der Wettlauf gehemmt wird. Sind wir so zielbewußt in unserem Dienst, unserem ganzen Leben und Wirken? „Seid zusammen meine Nachahmer,” sagt Paulus Phil. 3,17, kurz nachdem er uns gezeigt hat, wie er vorwärts eilt („ich jage”, V. 14), dem Ziele zu. Laufen wir also? Und noch eins! Jenes Wort 1. Kor. 9,24 sagt nicht, dass nur Paulus und einzelne wenige den Kampfpreis (die unvergängliche Krone der Gerechtigkeit, vgl. 2. Tim. 4,7.8) empfangen können, etwa weil nur ein Wettkämpfer den Preis erlange, sondern jenes Bild aus dem Leben der alten Griechen soll uns nur anspornen, zu laufen in der Weise wie sie, wenn anders wir die Krone erlangen wollen. Jeder kann sie erlangen, aber nur die erlangen sie, die in der Weise laufen wie jene Sieger in der Rennbahn.
Der HERR gebe uns viel Gnade, „mit Ausharren zu laufen den vor uns liegenden Wettlauf, hinschauend auf Jesum”! (Hebr. 12,1-3.)