Wie sind die Werke in den Sendschreiben zu verstehen?

In der Offenbarung ist die Rede von Werken, welche man als Zeichen der Buße tun solle. Im Römerbrief aber lehrt Paulus, dass man nicht aus Werken, sondern aus Glauben gerecht werde. Wie verhält sich das?

Ihre Schwierigkeit und der scheinbare Widerspruch sind nur entstanden, weil Sie zu wenig die göttlichen Leitgedanken in den verschiedenen Büchern beachten. Werke können in den verschiedenen Stellen der Heiligen Schrift ganz verschiedene Bedeutung haben. In Bezug auf Errettung, Seligwerden und Rechtfertigung gilt unbedingt die Belehrung des Römerbriefes, wie auch des Galaterbriefs, wo wir lesen, dass der Mensch nur durch den Glauben an das eine Werk, das der Sohn Gottes selbst vollbracht hat, errettet werden kann. Das ist das einzige, was Gott verlangt und was vor Ihm überhaupt Wert hat, denn allein aus Glauben an die Heilstat auf Golgatha kann der Mensch wiedergeboren werden und den Helligen Geist empfangen.

Diese neue Geburt wird sich naturgemäß durch vom Geist gewirkte Werke ausweisen. Wahres göttliches Leben ist ohne diese nicht denkbar. Davon redet vor allem Jakobus, also von den Früchten dieses Lebens, d.h. nicht von Mitteln zur Errettung, sondern von solchen, die infolge der Errettung und Wiedergeburt hervorgebracht werden.

Die Offenbarung hat also nicht die Errettung des Menschen zum Gegenstand; sie ist kein Buch der Gnade, sondern des Gerichtes, darum erscheint dort der Herr auch nicht als Erlöser, sondern als Richter. Die christliche Gemeinde wird nur in den drei ersten Kapiteln, und zwar auf der Erde geschaut; vom vierten Kapitel an bezieht sich alles auf Dinge, welche nach der Entrückung der Brautgemeinde stattfinden, das "was nach diesem geschehen muss". Es ist dies die Zeit, da ein anderes Evangelium, das des Reiches, welches nicht von Christen, sondern von gläubigen Juden, und das nicht den Himmel, sondern die Erde zum Gegenstand hat, gepredigt werden wird. Nun, in den ersten drei Kapiteln, wo sich der Herr an die christliche Gemeinde richtet, beurteilt und wiegt Er die Werke als Früchte des Glaubens und der Rechtfertigung, was aber mit dem Seligwerden nichts zu tun hat. Die Aufforderung zur Buße in den Sendschreiben ist jeweils eine Ermahnung, des ersten guten Zustandes zu gedenken und zu demselben zurückzukehren, etwas ganz anderes als die Bekehrung des Sünders.


Beantwortet von: Adolf Küpfer
Quelle: A. Küpfer - 700 Fragen und Antworten, Frage Nr. 417