Antwort A
Aus Gal. 3,17.18 sehen wir, dass zwischen der Verheißung Gottes an Abraham und der Gesetzgebung 430 Jahre liegen. Diese 430 Jahre umschließen also die Fremdlingschaft Abrahams, Isaaks und Jakobs und den Aufenthalt der Kinder Israel in Ägypten.
Nach der englischen Übersetzung von 2. Mo. 12,40 heißt es: „Und die Fremdlingschaft der Kinder Israel, die in Ägypten wohnten, war 430 Jahre ...”. Danach heißt es nicht, dass die Kinder Israel 430 Jahre in Ägypten wohnten, sondern dass die Fremdlingschaft der Kinder Israel, die in Ägypten wohnten, 430 Jahre war. Auch Ps. 105 redet von dieser Fremdlingschaft.
In 1. Mo. 15,13 und Apg. 7,6 bemerken wir Unterschiede: 1. wird Ägypten nicht genannt und 2. wird von dem Samen geredet; „dein Same wird ein Fremdling sein in einem Lande, das nicht das ihre ist”, und beide Stellen sprechen von 400 Jahren. Die Zeit vom Samen Abrahams (Isaaks) bis zum Auszug beträgt ca. 400 Jahre.
Jakob war alt, als er vor Pharao stand, 130, Isaak, als Jakob geboren wurde, 60, Abraham, als Isaak geboren wurde, 100, zusammen 290 Jahre. 75 Jahre war Abraham alt, als ihm die Verheißung gegeben wurde; die abgerechnet, bleiben 215 Jahre. Somit beträgt die Zeit vom Empfang der Verheißung bis zum Stehen Jakobs vor Pharao 215 Jahre und von da bis zum Auszug Israels wieder 215 Jahre. Manche haben angenommen, dass Israel ca. 400 Jahre in Ägypten gewohnt habe, aber die 215 Jahre entsprechen auch weit mehr den vier Geschlechtern in 1. Mo. 15,16. Diese vier Generationen finden wir in 2. Mos.
6,16-20. 1. Jakobs Sohn Levi; 2. Levis Sohn Kehath; 3. Kehaths Sohn Amram; 4. Amrams Sohn Moses.
Frei n. d. Engl. v. M. B.
Antwort B
Die beiden Stellen aus 1. und 2. Mose stehen zu einander wie Weissagung, die nicht genau das Datum angibt, und Erfüllung, die mit chronologischer Genauigkeit das Eintreffen der göttlichen Zusage verzeichnet. Ganz genaue Zeitangaben bei Weissagungen finden sich nur in bestimmten, dem Unglauben Trotz bietenden Drohungen, vgl. z. B. die 70 Jahre der Gefangenschaft in Babel! Schwieriger wird die Frage, wenn man die beiden letzten Stellen heranzieht. 1. steht die Aufzählung der vier Geschlechter (2. Mose 6,16-20) zwar in Übereinstimmung mit der Verheißung in 1. Mose 15 (ein damaliges Menschengeschlecht zählte 100 Jahre), weicht aber ab, wenn wir 2. die Lebensdauer der vier Stammesväter zusammenzählen: 137 Jahre Levis, 133 Kehaths, 137 Amrams und die 80 des Moses beim Auszuge aus Ägypten bringen die Zahl von 430 Jahren, wenn die Jahre vom Alter Levis bei der Einwanderung und die des Kehath bei der Geburt Amrams abgerechnet werden, nicht auf. Diese Schwierigkeit ist jedoch leicht zu beheben, wenn man annehmen darf, dass von Amram, dem Sohne Kehaths, bis auf Amram, den Vater des Moses, einige Glieder übergangen sind. Es kommt eben hauptsächlich auf diejenigen Glieder des Geschlechts Levi an, die in der Vorgeschichte Moses und Aarons von Bedeutung waren. (So ist es in Esra 7,3 verglichen mit 1. Chr. 6,50-53.) 3. Gal. 3,16.17 wird die Zeitdauer von der Abraham gegebenen Verheißung bis auf das Gesetz mit 430 Jahren angegeben. Wollen wir dem Wortlaut des hebräischen Teiles gerecht werden, so müssen wir zugeben, dass der Apostel, dem es hier nicht auf die Summe der Jahre, sondern auf die Wichtigkeit der Verheißung vor der Gesetzgebung ankommt, die Jahresangaben des hebräischen Textes von 1. Mose 15 verlässt und die in der griechischen Bibelübersetzung (der „Septuaginta”) von 2. Mose 12 sowie bei den Juden damals verbreitete Ansicht nur als Berührungspunkt für seine Beweisführung erwähnt. Übrigens bleibt auch die Vermutung nahe, ob nicht der Apostel die dem Abraham gegebene Verheißung auf den Zeitpunkt verlegt, da ihr letzter Träger (Jakob) mit seiner Familie in die Fremdlingschaft nach Ägypten zieht. Dann würde allerdings die Schwierigkeit, die durch die Abweichung der Galaterstelle vom hebräischen Text entsteht, gänzlich gehoben sein.
Judenchrist N. R......ky.
Anmerkung des Herausgebers
Einige glauben unterscheiden zu können zwischen der Zeit des Wohnens der Israeliten in Ägypten und der ihrer Bedrückung daselbst (400 Jahre). - Aus vorstehenden verschiedenen Antworten ergeben sich keineswegs Zweifel an der Genauigkeit der biblischen Zahlenangaben, sie zeigen nur, wie unvollkommen unser Verständnis für dieselben ist und wie vieler Forschung es noch auch auf diesem Gebiete bedarf. - Übrigens bitten wir, man möge im Anschluß an 1. Mose 15,13 nicht, wie nahe liegend es auch scheinen mag, annehmen, dass Gott gelegentlich wie wir Menschen, in „runden” Zahlen rede, man glaube vielmehr, dass Seine Zahlenangaben stets Seinen Gedanken entsprechen!