Wie ist Matthäus 19,12 zu verstehen?

Wie ist Matthäus . 19,12 zu verstehen?

Antwort A

Wenn es ganz wörtlich genommen wird, so: Es hat je und je Menschen gegeben, die waren nicht veranlagt, Verkehr mit anderem Geschlecht zu haben. Dann gab es welche, wie die Eunuchen, die von anderen verstümmelt wurden und die darum in keine eheliche Gemeinschaft eintreten konnten. Drittens gibt es solche, die um des HERRN, Seiner Sache und ihrer persönlichen Stellung dazu sich absolut rein und auch dazu ehelos halten. Sie wollen nur für das Himmelreich, für des HERRN Sache da sein. Man kann es aber auch erweitert verstehen. Die ersten sind eben infolge irgendwelcher körperlicher oder geistiger Gebrachen, die sie mit auf die Welt bringen, ohne weiteres genötigt, ehelos zu bleiben. Die zweiten sind durch irgend menschliche (auch familiäre) Verhältnisse einfach gezwungen, ehelos zu bleiben. Die dritten tun es, um ganz sich Gottes herrlicher Reichssache widmen zu können. Gott hat es ihnen klar gemacht. Da sind sie bereit. - Keinesfalls aber darf aus diesem Vers geschlossen werden, dass der ehelose Stand an sich vor Gott ein wohlgefälligerer Stand wäre und die Ehe nur für Christen zweiter Klasse sei. Jedenfalls sollte jeder vor Gott sich seines Weges klar werden. Gott aber hat Gnade und Kraft für jeden Weg, wenn er ein Gehorsamsweg ist.
K. E.

Antwort B

Die Pharisäer bringen die Frage der Ehe vor den HERRN. Der HERR zeigt ihnen, dass Gott Mann und Weib zu einem Fleische zusammengefügt habe, und ein Fleisch soll nicht geschieden werden. Sofort kommen die Pharisäer mit dem Einwurf: „Warum hat denn Moses geboten, ... sie zu entlassen?” Der HERR sagt, dass Moses es ihrer Herzenshärtigkeit wegen gestattet, aber nicht geboten hätte. Der HERR kehrt zur Schöpfungs-, zur Anfangsordnung zurück. Das, was Moses wegen ihrer Herzenshärtigkeit dem Menschen im Fleische gestatten durfte, konnte jetzt in dem Lichte, das mit Christo in die Welt gekommen war, nicht länger erlaubt sein. Er führt sie zu dem Lichte des Anfanges zurück.

Nur einen Scheidungsgrund gab es, und dieser war Ehebruch. Damit war das Band des einen Fleisches gelöst. Es war damit vor Gott dahin. Die formelle Scheidung war nur noch die Veröffentlichung des bereits vor Gott gebrochenen Bandes.

Die Jünger meinten, als sie die Ehe in diesem heiligen, unlösbaren Bande sahen, dass es gut sei, nicht zu heiraten. Der HERR aber hält voll aufrecht, was Gott im Anfang sagte: „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei,” und dass das „nicht heiraten tut besser” (1. Kor. 7,38) eine Ausnahme ist, und zwar nur für solche, die es als eine Gabe empfangen haben. Ein Beispiel haben wir in Paulus. Er war vom HERRN begnadigt, treu zu sein. In dem Werke, zu dem er berufen, würden ihm die Pflichten einer Familie gegenüber Hindernisse gewesen sein. Es war kein Gebot, auch kann es sich niemand selbst geben, sondern es muss ihm als eine Segnung von Gott gegeben sein, unverheiratet zu sein um des Reiches der Himmel willen, für die Ehre Gottes.
v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Wie vielfach in der Christenheit diese Stelle dazu mißbraucht wird, um den oft geradezu gesetzlich-ehelosen Stand hoch über den Stand der Ehe zu erheben, das wissen wir alle. Wir sehen die großen Institutionen, in denen Männer wie Frauen, zur Ehelosigkeit mehr oder weniger gezwungen oder freiwillig darin, glauben, Gott damit einen Dienst zu tun, dass sie Seine Schöpferordnung mißachten, um freier für Ihn zu sein. Wir sind überzeugt, dass auch in unseren Tagen dieses Wort in seiner dreifachen Beziehung seine Geltung hat, und wir danken dem HERRN für solche Arbeiter, die von Ihm die Gnadengabe haben, also zu leben ganz für Ihn. Zweifellos sind solche für den Dienst des HERRN in mancher Hinsicht freier als verheiratete Arbeiter (1. Kor. 7,26-38), aber wir bezweifeln, dass die, welche 1. Kor. 7,7-9 übersehen und doch nach Mt. 19,12c handeln, göttliche Wege gehen! Wir glauben, dass Ungezählte, die „sich selbst verschnitten haben”, in diesem Stande unendliche Leiden durchzumachen haben, geschlechtlicher wie anderer Art, und zwar nur, weil sie Gottes Ordnungen nicht beachteten und sich zwingen wollten, etwas zu tun, wozu Gott ihnen keine Gnadengabe gegeben hatte. Wenn diese sich dann auch noch über die Ehe und solche, welche sie eingingen, erheben, so ist das sehr betrübend und zeigt nur, wie wenig sie die wunderbare göttliche Institution der Ehe verstehen (Eph. 5,22-33). Man beachte auch 1. Tim. 4,3a! Gesegneter im Dienst, glücklicher im HERRN werden gewiß die sein, die in Demut erkannt haben, wozu Gott ihnen eine Gnadengabe geschenkt hat, statt etwas zu übernehmen, was Gott nicht von ihnen erwartet. Auch kann in vieler Beziehung der Dienst von Verheirateten fruchtbringender sein als der von Unverheirateten! lasst uns darum in bezug auf Mt. 19,12 nie vergessen, wie schon in voriger Antwort gezeigt: „Ein jeder hat seine eigene Gnadengabe von Gott, der eine so, der andere so” (1. Kor. 7,7).


Beantwortet von: Team Handreichungen
Quelle: Handreichungen - Band 2 (1914)